Koronare Herzkrankheit (KHK, Koronarsklerose, ischämische Herzkrankheit)

Abbildung eines Herzens
Die koronare Herzkrankheit ist eine der häufigsten Herzerkrankungen, als Folge können Herzmuskelschwäche oder Herzinfarkt auftreten.
© Sebastian Kaulitzki / Fotolia.com
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Dem Herz wird über die Herzkranzgefäße Sauerstoff und Nährstoffe zugeführt, ist diese Versorgung nur eingeschränkt möglich, spricht man von einer koronaren Herzkrankheit (KHK).

Medizinische Expertise

Peter Siostrzonek

Prim. Univ-Prof. Dr. Peter Siostrzonek

Facharzt für Innere Medizin
Seilerstätte 4, 8010 Linz
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Sobald diese Herzarterien durch Ablagerungen (Arteriosklerose) verengt sind, droht das Herz gleichsam zu "ersticken", da der Blutfluss eingeschränkt ist. Die koronare Herzkrankheit gehört weltweit zu den häufigsten Herzerkrankungen und kann zu weiteren schweren Erkrankungen wie Herzmuskelschwäche oder Herzinfarkt führen. Hauptsymptom der KHK ist die Angina pectoris, die sich durch plötzlich auftretende Schmerzen in der Brust bemerkbar macht. Zu den Risikofaktoren zählen neben erblicher Belastung und Diabetes vor allem Rauchen, Bluthochdruck, hohe Blutfette und Übergewicht. Betroffene haben bei entsprechender Therapie meist eine gute Lebenserwartung, müssen aber ein Leben lang medizinisch behandelt werden.

Video: Koronare Herzkrankheit: Hilfe für in die Enge getriebene Blutgefäße

OA Dr. Lukas Fiedler (Abteilung für Innere Medizin – Kardiologie und Nephrologie, Landesklinikum Wr. Neustadt) hat in einem MeinMed Webinar über Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten der Koronaren Herzkrankheit referiert. (Webinar, 25.1.2021)

Insgesamt erkranken 30 % aller Männer und 15 % aller Frauen im Lauf ihres Lebens an der koronaren Herzkrankheit. Bei Frauen wird das Risiko nach der Menopause (Wechseljahre) höher, Männer erkranken durchschnittlich schon 10 Jahre früher. Herz-Kreislauferkrankungen, zu denen unter anderen auch die koronare Herzkrankheit zählt, gelten in den Industrieländern noch immer als die häufigste Todesursache im Erwachsenenalter. Durch entsprechende medikamentöse Maßnahmen und medizinische Möglichkeiten sinkt jedoch die Sterblichkeit an koronarer Herzkrankheit seit 30 Jahren. In Österreich konnte bei den koronaren Herzerkrankungen ein Rückgang von 32 % bei Männern und 30 % bei Frauen beobachtet werden. 45 % des Rückgangs sind auf Verbesserungen der Therapie und 55 % auf die Reduktion der Risikofaktoren zurückzuführen – vor allem im jungen und mittleren Lebensalter.

Kalkablagerungen in Gefäßen und Arterien (Arteriosklerose) sind zwar hauptsächlich mit dem Alterungsprozess verbunden, aber schon in den Arterien von Kindern sind Kalkspuren zu finden. Diese Ablagerungen vermehren sich im Laufe der Zeit – vor allem unter dem Einfluss von Risikofaktoren.

Genetische Faktoren, chronische Krankheiten und Lebensstil beeinflussen die Entwicklung und das Fortschreiten der koronaren Herzkrankheit in einem hohen Ausmaß. Deshalb ist es wichtig, die Risikofaktoren zu kennen, zu berücksichtigen und nach Möglichkeit zu beseitigen.

Risikomarker, die nicht beeinflussbar sind:

  • Alter
  • Geschlecht
  • Familiäre Veranlagung

Risikofaktoren, die beeinflussbar sind:

  • Hohe Cholesterinwerte, Fettstoffwechselstörungen
  • Hohe Triglyceridwerte
  • Bluthochdruck
  • Diabetes
  • Rauchen
  • Fettleibigkeit durch Fehlernährung
  • Bewegungsmangel
  • Emotionaler Stress

Wenn zumindest ein Risikomarker und ein bis zwei Risikofaktoren zutreffen, empfehlen Fachärzte eine klinische Abklärung des Herzrisikos (kardiovaskuläres Risiko) ab dem 40. Lebensjahr alle 5 Jahre – unabhängig vom Alter, wenn ein Verwandter ersten Grades vor dem 60. Lebensjahr an KHK erkrankt oder eine familiäre Veranlagung für einen erhöhten Cholesterinspiegel besteht.

Die koronare Herzkrankheit muss nicht immer zu Symptomen führen, sondern kann in manchen Fällen (bei Frauen, alten Menschen und bei Vorliegen eines Diabetes) auch stumm verlaufen. Meist kommt es zu Beschwerden, wenn eine Einschränkung des Gefäßvolumens um mindestens 50 % vorliegt. Dies führt zu einer Behinderung des Blutstroms und der Sauerstoffversorgung des Herzmuskels – zuerst bei Belastung und dann bei höhergradiger Gefäßverengung auch im Ruhezustand.

Sind die Gefäße bereits stark verengt, können folgende Beschwerden auftreten:

  • Angina pectoris: Die Angina pectoris gilt als Hauptsymptom der koronaren Herzkrankheit. Hauptbeschwerden sind bohrende, brennende Schmerzen um den Brustkorb, die aufgrund komplexer Nervenverbindungen in Nacken, Hals, Kiefer, die Arme oder den Oberbauch ausstrahlen können
  • Luftnot
  • Angst, Panik
  • Schweißausbrüche oder Übelkeit
  • Gefühl der Lebensbedrohung

Ausgelöst werden können diese Beschwerden durch körperliche oder psychische Belastung, bei Kälte oder nach üppigem Essen. Bei Auftreten solcher Beschwerden muss sofort der Notarzt bzw. die Rettung gerufen werden!

Der Herzmuskel muss nicht nur die zahlreichen Organe des menschlichen Körpers zuverlässig mit sauerstoffreichem Blut versorgen, sondern auch sich selbst. Für die eigene Blutversorgung holt sich das Herz aber das Blut nicht direkt aus seinen Herzkammern, sondern über die Herzkranzgefäße oder Koronararterien, die von der Hauptschlagader (Aorta) abzweigen und den Herzmuskel fein verästelt überziehen.

Sind die Koronararterien krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage, den Herzmuskel mit ausreichenden Mengen an sauerstoffreichem Blut zu versorgen, spricht man von einer koronaren Herzkrankheit, kurz KHK. Die häufigste Ursache für die KHK ist die Arteriosklerose. Bei dieser Gefäßverkalkung kommt es stellenweise durch fetthaltige Ablagerungen an den Innenwänden der Gefäße – den sogenannten "Plaques" – zu Verdickungen oder Blockierungen der Gefäßwände und entsprechenden Engstellen (Stenosen). Dadurch wird der Blutstrom behindert, das Gewebe, das von den Arterien mit Blut versorgt wurde, wird von der Blutzufuhr abgeschnitten und kann – wenn dieser Zustand länger anhält – absterben.

In seltenen Fällen können sich die Koronararterien durch einen Gefäßkrampf sehr plötzlich und so stark verengen, dass nur sehr wenig oder gar kein Blut mehr hindurchfließen kann. Dann spricht man von einem Spasmus der Herzkranzgefäße. Wenn die Zufuhr von Sauerstoff zum Herzen abnimmt oder unterbrochen wird und damit für den Bedarf des Herzens nicht ausreicht, nennt man diesen Zustand "Ischämie". Deshalb wird die koronare Herzkrankheit oft auch als ischämische Herzkrankheit bezeichnet.

Die Angina pectoris wird nach der vorliegenden Symptomatik in 4 Stadien eingeteilt:

  • Stadium 1: Keine Angina pectoris im Alltag, Beschwerden nur bei plötzlicher oder längerer physischer Belastung
  • Stadium 2: Angina pectoris bei stärkerer Anstrengung (bergauf gehen, schnelles Laufen in Kälte)
  • Stadium 3: Angina pectoris bei leichter körperlicher Belastung, etwa beim Gehen in der Ebene oder Alltagsaktivitäten
  • Stadium 4: Ruhebeschwerden bzw. Beschwerden bei geringster körperlicher Belastung

Die koronare Herzkrankheit kann langfristig gefährliche Folgen haben und gilt als Hauptursache für:

  • Herzschwäche: Die krankhaft veränderten Koronararterien behindern den Zufluss von sauerstoffreichem Blut so stark, dass im Lauf der Zeit die Pumpkraft des Herzmuskels deutlich nachlässt (Herzschwäche).
  • Herzrhythmusstörungen: Wenn es in einzelnen Herzmuskelabschnitten zu einem Mangel an sauerstoffreichem Blut kommt, wird das rhythmische Zusammenziehen des Herzmuskels gestört. Herzrhythmusstörungen oder Vorhofflimmern sind die Folge.
  • Herzinfarkt: Wenn es durch die KHK in den Herzkranzgefäßen zu Einreißen der krankhaft veränderten Gefäßinnenwände kommt, können sich Blutgerinnsel bilden, die einen Verschluss einer Koronararterie verursachen und damit einen Herzinfarkt auslösen können.

Für Betroffene ist es wichtig, lebensbedrohliche Zustände und eine akute Verschlechterung der KHK möglichst rechtzeitig zu erkennen.

Zeichen für einen Notfall sind:

  • Starker, anhaltender Druck, sowie Brennen oder Schmerzen hinter dem Brustbein mit allfälliger Ausstrahlung in Hals, Kiefer, linken Arm und Rücken
  • Beschwerden, die länger als ein paar Minuten dauern und im Ruhezustand auftreten
  • Starke Luftnot, verbunden mit Schweißausbruch, Übelkeit, Erbrechen und Todesangst

In einigen Fällen kann der Arzt allein aus der Beschreibung der Symptome eine koronare Herzkrankheit diagnostizieren. Meistens sind jedoch weitere Untersuchungen notwendig, um festzustellen, wie gut Herz und Herzkranzgefäße noch arbeiten. Besteht der Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit, wird der Arzt zuerst eine ausführliche Anamnese und eine umfassende körperliche Untersuchung durchführen.

Die Diagnose KHK lässt sich in den meisten Fällen über

  • ein Ruhe-EKG,
  • ein Belastungs-EKG und
  • eine Herzultraschalluntersuchung

bestätigen. Wenn notwendig, werden weitere Untersuchungen - wie eine Stressechokardiographie, ein Herz- MRT oder eine Computertomographie – angefordert. Bei hochgradigem Verdacht und Beschwerden sollte eine Herzkatheteruntersuchung erfolgen.

Ziel der Therapie der koronaren Herzkrankheit ist es, die verengten Herzkranzgefäße zu erweitern. Dadurch soll die Durchblutung und Versorgung des Herzmuskels verbessert werden. Grundbaustein der Behandlung einer koronaren Herzerkrankung ist die medikamentöse Therapie, die zum einen in der Behandlung von Risikofaktoren und zum anderen in einer Verbesserung der Herzdurchblutung besteht. Auch die Gabe von gerinnungshemmenden Medikamenten, vor allem von Aspirin, wird vorbeugend zur Verhinderung eines Herzinfarktes eingesetzt.

Zur Behandlung der KHK werden folgende Medikamente eingesetzt:

Notfallmedikamente

Nitroglycerin wird bei einem Angina pectoris-Anfall eingesetzt. Wer an der KHK leidet, sollte immer einen Nitroglycerin-Spray oder Kapseln bei sich haben, um im Falle eines Anfalls sofort reagieren zu können.

Langzeitmedikamente

Langzeitmedikamente werden eingesetzt, um Anfällen vorzubeugen, den Herzmuskel zu stärken und das Herz zu entlasten. Dazu gehören:

  • ACE-Hemmer (Angiotensin converting enzyme-Hemmer): sie senken den Gefäßwiderstand im Körper, erleichtern die Blutversorgung der Hauptschlagader und blockieren die Herstellung des Hormons, das die Arterien verengt.
  • Angiotensin II-Antagonisten (Angiotensin II-Hemmer): diese Medikamente hemmen nicht wie die ACE- Hemmer die Herstellung, sondern die Wirkung des Hormons Angiotensin II, das die Arterien verengt.
  • Betablocker (Beta-Rezeptoren-blockierende Medikamente): Betablocker verhindern ein Wirken der Stress- Hormone an den Gefäßen sowie am Herzmuskel und verlangsamen so die Herzfrequenz. Das ermöglicht eine bessere Durchblutung des Herzmuskels.
  • Diuretika (Wasser treibende Medikamente): sie helfen die überschüssige Flüssigkeit auszuscheiden, die im Gewebe eingelagert ist, womit das Herz entlastet wird.

Um Blutdruck und Cholesterin zu senken – zwei Hauptrisikofaktoren für KHK und Folgekrankheiten – müssen Betroffene lebenslang bestimmte Medikamente einnehmen. Das sind:

  • Kalziumantagonisten (Kalziumkanalblockierende Medikamente): sie hemmen die Aktivität der Gefäßmuskulatur. Damit wird der Gefäßdurchmesser größer und der Blutdruck sinkt.
  • Plättchenhemmer wie Aspirin: sie werden gegeben, um das Risiko einer Blutgerinnselbildung bei Arterienverkalkung zu vermindern. Damit lässt sich das Risiko eines Herzinfarktes erheblich reduzieren.
  • Statine (Fettsenker) senken das Cholesterin und vermindern den Cholesterinanteil in verkalkten Gefäßwandabschnitten. Damit wird auch das Risiko eines Risses in den Gefäßwänden mit Absplittung von kleinen Teilen, die Herzkranzgefäße verschließen und zum Herzinfarkt führen können, geringer. Medikamentöse Cholesterinsenkung ist eine lebensnotwendige Maßnahme bei Herzinfarkt-gefährdeten KHK-Patienten.

Bei neuen oder stärker werdenden Beschwerden oder akutem Herzinfarkt werden die verengten Gefäße in einem operativen Eingriff über einen Herzkatheter gedehnt und mit einem Gefäßgitter - einem sogenannten Stent - zur Wiederherstellung eines guten Blutflusses versorgt. Ein Stent ist ein medizinisches Metall-Implantat in Röhrenform. Die Ärzte bringen diesen Stent bei der Herzkatheteruntersuchung in die Herzkranzgefäße ein, um diese von innen abzustützen. Auf diese Weise wird ein erneuter Verschluss der Blutgefäße verhindert.

In besonders schweren Fällen kann auch eine operative Behandlung wie beispielsweise eine Bypass-Operation notwendig sein, um die Sauerstoffversorgung des Herzens über die Koronararterien zu gewährleisten. Dabei werden die verengten Herzkranzgefäße mittels körpereigener Gefäße der Betroffenen künstlich überbrückt, und der Blutfluss zur Versorgung des Herzens sozusagen "umgeleitet".

Da sich die Risiken für Herzkrankheiten zu einem guten Teil auf den persönlichen Lebensstil zurückführen lassen, können sie von den Betroffenen selbst beeinflusst werden. Deshalb sollten Risikopatienten nicht erst nach der Diagnose einer koronaren Herzkrankheit alles in ihrer Macht stehende tun, um die beeinflussbaren Risikofaktoren abzubauen. Effektive Maßnahmen sind:

  • auf Rauchen verzichten
  • sich vitaminreich und ballaststoffreich ernähren
  • Übergewicht reduzieren

Dabei helfen eine gesunde Ernährung und ausreichend körperliche Bewegung. Regelmäßige körperliche Aktivität - kein Hochleistungssport, sondern Ausdauersport wie Radfahren oder Gehen bzw. Laufen - trainiert zudem das Herz-Kreislaufsystem, fördert die Durchblutung, senkt den Blutdruck und wirkt günstig auf Blutfette. Auf jeden Fall können Betroffene durch eine Veränderung der Lebensgewohnheiten zu einer besseren Prognose beitragen und die persönliche Lebensqualität und Lebenserwartung erhöhen. Wichtig ist es, die verordneten Medikamente regelmäßig einzunehmen und empfohlene Untersuchungen und Therapien auch in Anspruch zu nehmen.

  • Initiative Arznei & Vernunft, Vernünftiger Umgang mit Medikamenten: Koronare Herzkrankheit, Wien, 1. Auflage, 2009
  • Interviews mit Prim. Prof. Dr. Peter Siostrzonek, Kardiologe am KH der BHS in Linz, im 15.12.2014

Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

24. April 2019

Erstellt am:

2. November 2017

Stand der medizinischen Information:

24. April 2019


ICD-Codes:
  • I20
  • I24
  • I25

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