Eine Harnröhrenstriktur bzw. eine Harnröhrenverengung entsteht durch eine narbige Veränderung des Harnröhrengewebes. Diese Vernarbungen resultieren in den meisten Fällen aus Verletzungen der Harnröhre und führen in weiterer Folge zu einer Verkleinerung des Harnröhrendurchmessers. Die primären Beschwerden betreffen das Miktionsverhalten: der Harnstrahl ist abgeschwächt und das Wasserlassen erschwert. Bleibt eine Harnröhrenstriktur für längere Zeit unbehandelt, kann es zu Schäden des gesamten Harntrakts und der Nierenfunktion kommen. Männer sind statistisch häufiger von Harnröhrenverengungen betroffen als Frauen.
- Bei der Harnröhrenstriktur verkleinern Vernarbungen den Durchmesser der Harnröhre.
- Zu den häufigsten Ursachen zählen Unfälle, Operationen und Infektionen.
- Symptome sind Beschwerden beim Wasserlassen wie erhöhter Harndrang und ein abgeschwächter Harnstrahl.
- Im therapeutischen Standardverfahren werden Röhren endoskopisch eingeführt, die die Harnröhre wieder dehnen.
- Es stehen heute bereits einige alternative Operationsmethoden zur Verfügung.
Beschreibung | Verengung der Harnröhre |
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Ursachen | Unfälle, chirurgische Eingriffe, Infektionen |
Symptome | Beschwerden beim Wasserlassen |
Diagnose | Röntgenverfahren, Harnröhrenspiegelung |
Therapie | endoskopische Verfahren |
Video: Harnröhrenverengung: Chronisches Leid mit effektiven Therapiemöglichkeiten
Dr. Franklin Kuehhas informiert über Symptome der Harnröhrenverengung und moderne Behandlungsmöglichkeiten. (Webinar, 3.8.2023)
Männer sind im Durchschnitt häufiger von Harnröhrenstrikturen betroffen als Frauen, da die männliche Harnröhre deutlich länger ist. Auch steigt die Inzidenz mit zunehmendem Alter. Man geht davon aus, dass die Prävalenz der Harnröhrenstrikturen in der westlichen Welt bei ca. 0,9 % liegt. In Entwicklungsländern mit geringeren hygienischen Standards als auch schlechterer medizinischer Versorgung kann die Prävalenzrate deutlich höher sein (z. B. Indien).
Eine Harnröhrenstriktur entsteht durch Vernarbungen des Harnröhrengewebes, die in einem verkleinerten Harnröhrendurchmesser resultieren. Das Entstehen einer Harnröhrenstriktur kann folgende Ursachen haben:
- Verletzungen bzw. Manipulationen der Harnröhre (ca. 40 – 50 % der Fälle): z. B. durch Unfälle, endoskopische Eingriffe, Katheteranlagen
- Harnröhreninfektion (ca. 20 % der Fälle): häufiger bakterieller als viraler Ursache
- unbekannte Ursache (ca. 30 % der Fälle): man bezeichnet diese als idiopathische Harnröhrenstrikturen
- angeboren (eher selten)
Durch die Verengung der Harnröhre kommt es zu einer Verkleinerung des Harnröhrendurchmessers. Durch den damit verbundenen physiologischen Widerstand kommt es bei Betroffenen zu erheblichen Problemen beim Harnlassen. Die grundlegenden Symptome sind:
- abgeschwächter, teils auch verdrehter oder gespaltener Harnstrahl
- erschwertes Wasserlassen
- erhöhter Harndrang
- teils unvollständige Blasenentleerung
Durch die teils unvollständige Entleerung der Blase steigt die Gefahr einer Restharnbildung. Restharn begünstigt zum einen das Entstehen von Infektionen und zum anderen den Rückstau des Harns. In schweren Fällen kann es auch zu einem Harnverhalt oder Schäden der Nieren kommen.
Besteht der Verdacht auf eine Harnröhrenstriktur, kann diese durch verschiedene diagnostische Verfahren bestätigt werden.
In Röntgenverfahren mit Kontrastmittelgabe (Retrogrades Urethrogramm / Miktionszysturethrographie) können das Miktionsverhalten beurteilt und Veränderungen der Harnröhre dargestellt werden. Bei einer Spiegelung der Harnröhre wird mit einem Endoskop samt Kamera die Harnröhre abgebildet. Somit lassen sich Strikturen erkennen.
Bei einer Harnröhrenstriktur kommt die Behandlung auf die Lage und Länge der Striktur an und schlussendlich auch darauf, ob und wie oft bereits Behandlungen stattgefunden haben. Prinzipiell zur Anwendung kommen:
- herkömmliche Dilatationsverfahren
- Medikamenten-beschichtete Ballondilatation
- Harnröhrenschlitzung (Urethrotomie)
- operative rekonstruktive Verfahren (Harnröhrenplastiken)
Herkömmliche Dilatationsverfahren
Bei herkömmlichen Dilatationsverfahren (Dehnung bzw. Bougierung) wird die Verengung der Harnröhre durch Dilatationskatheter aufgedehnt, die endoskopisch eingeführt werden und deren Durchmesser stufenweise verstellbar ist. Der Nachteil dieser Verfahren ist die hohe Rezidivrate: bei etwa 80 % der Betroffenen kommt es nach der Behandlung erneut zur Ausbildung einer Harnröhrenverengung. Die Ursache hierfür liegt darin, dass bei der Dilatation auch gesundes Harnröhrengewebe aufgerissen wird, welches dann sekundär heilt bzw. vernarbt. Hierdurch wird der narbige Anteil der Harnröhre immer weiter und die Striktur länger.
Medikamenten-beschichtete Ballondilatation
Als Alternative zu herkömmlichen Dilatationsverfahren bietet sich die Medikamenten-beschichtete Ballondilatation an. Bei diesem Verfahren wird ein Ballonkatheter in die Harnröhre eingeführt bis zur Stelle der Striktur und sanft aufgeblasen. Anschließend wird der Wirkstoff Paclitaxel an das umliegende Gewebe abgegeben. Dieser Wirkstoff hemmt als Chemotherapeutikum die Neubildung von Zellen. Somit kommt es zu einem geringeren Wiederauftreten von Harnröhrenstrikturen. Laut aktuellen Studien ist diese Behandlungsmethode den herkömmlichen Dilatationsverfahren überlegen.
Der Grund hierfür ist das Zytostatikum Paclitaxel. Dieses Medikament hemmt die Bildung von neuen Zellen, die bei der herkömmlichen Bougierung gebildet werden würden und dann im weiteren Sinne zu einer Verengung führen. Durch die Hemmung der sekundären Wundheilung ist die Medikamenten-beschichtete Ballondilatation aus Sicht von Expert:innen den herkömmlichen konservativen Therapieoptionen (Bougierung bzw. Harnröhrenschlitzung) überlegen.
Harnröhrenschlitzung (Urethrotomie)
Bei der Harnröhrenschlitzung (Urethrotomie) handelt es sich um ein endoskopisches Verfahren, bei dem die Striktur mit einem Laser oder einer Klinge eingeschnitten wird, um so die Verengung aufzuweiten. Dieses Verfahren eignet sich nur für kurze Harnröhrenstrikturen und bringt ebenfalls den Nachteil mit sich, dass es zu unwillkürlichen Verletzungen des gesunden Gewebes vor und nach der Striktur kommt. Hierdurch wird das Wiederauftreten der Striktur begünstigt. Daher sollte diese Methode auch nicht mehrfach durchgeführt werden.
Operative rekonstruktive Verfahren (Harnröhrenplastiken)
Bei komplexeren Harnröhrenverengungen, sei es in Hinblick auf Lage oder Größe, bieten operative rekonstruktive Verfahren eine Lösung, sogenannte chirurgische Harnröhrenplastiken.
Hierbei werden die verengte Stelle der Harnröhre operativ entfernt und die beiden Endstellen der Harnröhre miteinander verbunden (End-zu-End-Anastomose). In komplexeren Fällen kann es notwendig sein, dass verengte Segmente der Harnröhre mit einem freien Transplantat (in den meisten Fällen Mundschleimhaut) ersetzt werden. Beide Eingriffe gehören nicht zum Standradrepertoire einer Urolog:in und setzen eine entsprechende Spezialisierung und Erfahrung in diesem Bereich voraus.
Sollte der Verdacht auf eine Harnröhrenstriktur bestehen, ist es ratsam, dies zeitnah urologisch abklären zu lassen. Zudem ist es wichtig, sich umfassend über die möglichen Behandlungsmöglichkeiten informieren zu lassen und vorhandene Befunde zu Konsultationen mitzunehmen, um die bestmögliche Therapieoption finden zu können.