Laktoseintoleranz

Frau hält Glas mit Milch in der Hand und greift sich dabei auf den Bauch
Rund 20% der Österreicher sind von einer Laktoseintoleranz betroffen.
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Bei einer Laktoseintoleranz verursacht Milchzucker (Laktose) Bauchbeschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen, Windabgänge, Übelkeit oder Durchfall.

Medizinische Expertise

Heinz Hammer

Ao. Univ.-Prof. Dr. Heinz Hammer

Facharzt für Gastroenterologie und Hepatologie, Medizinische Universität Graz
Auenbruggerplatz 15, 8036 Graz
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Ca. 20 % der österreichischen Bevölkerung machen nach dem Genuss milchzuckerhaltiger Speisen Beschwerden zu schaffen. Ursache dafür kann der Mangel des Enzyms Laktase im Dünndarm sein (Laktasemangel), welcher zur mangelhaften Verdauung des Milchzuckers (Laktosemalabsorption) führt. Ein Teil der Menschen mit Laktosemalabsorption, aber auch solche ohne Laktosemalabsorption, entwickeln nach Milchprodukten Bauchbeschwerden, wie Blähungen, Windabgänge, Bauchschmerzen, Übelkeit oder Durchfall. Ein spezieller Laktoseintoleranztest bringt Klarheit, die Milchzuckerunverträglichkeit ist auch oft mit einer Fructoseintoleranz (Fruchtzuckerunverträglichkeit) gekoppelt.

  • Der Begriff Laktoseintoleranz beschreibt die Unverträglichkeit von Milchzucker.
  • In den meisten Fällen ist ein angeborener oder erworbener Laktasemangel die Ursache.
  • Typische Symptome, die nach dem Verzehr von Milchprodukten auftreten, sind Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall und Übelkeit.
  • Zur Diagnose verabreicht der Arzt dem Patienten eine hohe Dosis Laktose und beobachtet die mögliche Symptomatik.
  • Die Laktoseintoleranz ist nicht heilbar. Betroffene sollten versuchen, die Laktosezufuhr zu verringern.
  • Im Handel erhältliche Laktase-Tabletten erleichtern dem Körper die Aufspaltung von Milchzucker und lindern so die Beschwerden.
Art Nahrungsmittelunverträglichkeit
Beschreibung Unverträglichkeit von Milchzucker
Ursachen angeborener oder erworbener Laktasemangel
Symptome Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, Übelkeit
Diagnose Symptommessung, Wasserstoff-Atemtest, Schleimhautuntersuchung, Gentest
Therapie Vermeidung von Milchprodukten, Laktase-Tabletten

Die Fähigkeit, Milchzucker zu verdauen, ist regional unterschiedlich: In Asien und Afrika weisen mindestens 2 von 3 Personen einen Enzymdefekt auf. Hierzulande haben zirka 20% der Österreicher einen Laktasemangel.

Eine Laktoseintoleranz hat mit einer Milchallergie nichts zu tun, sie ist eine Nahrungsmittelunverträglichkeit. Im Gegensatz zur dosisunabhängigen Allergie, die schon bei geringsten Mengen des Nahrungsmittels auftreten kann, ist eine Intoleranz abhängig von der zugeführten Dosis und tritt erst bei größeren Mengen des Nahrungsmittels auf. Die Beschwerden treten üblicherweise zwischen einer und drei Stunden nach Verzehr von milchzuckerhaltigen Speisen auf. Dabei ist die Empfindlichkeit gegenüber Milchzucker individuell verschieden und hängt von der Laktosemenge und anderen begleitenden Erkrankungen oder Funktionsstörungen des Darmes ab.

Beim wichtigsten Auslöser der Laktoseintoleranz, dem Laktasemangel wird unterschieden zwischen:

  • Primärer (hereditärer) Laktasemangel (angeborener Laktasemangel): Er beginnt bereits im Vorschulalter. Symptome einer Laktoseintoleranz können schon bei Kindern auftreten, häufig aber auch erst im Erwachsenenalter auf.
  • Sekundärer Laktasemangel (erworbener Laktasemangel): Laktase-Mangel kann auch infolge von Erkrankungen im Dünndarm (wie Zöliakie, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) oder nach Magen-Darm-Operationen entstehen.

Laktoseintolerante können nach dem Verzehr laktosehaltiger Lebensmittel folgende Symptome verspüren:

  • Starke Blähung, Windabgänge
  • Bauchschmerzen

  • Durchfall
  • Übelkeit

Neben dem Laktasemangel spielt eine Überempfindlichkeit der Darmwand gegenüber Darminhalt (z.B. im Rahmen eines Reizdarmsyndroms) eine wichtige Rolle für die Entstehung dieser Symptome.

Die folgenden Untersuchungsmöglichkeiten werden für die unterschiedlichen Aspekte – Laktasemangel – Laktosemalabsorption – Laktoseintoleranz – eingesetzt:

Nachweis der Laktoseintoleranz

Der Nachweis erfolgt durch eine Symptommessung nach Zufuhr von Laktose – dies kann zum Beispiel in der Ordination oder der Ambulanz im Rahmen eines Atemtests (siehe unten), oder in Zukunft auch zu Hause mit Hilfe einer App, erfolgen. Die Symptommessung erfolgt mit Hilfe von Skalen für jedes der typischen Symptome. Ein an den Universitäten Graz und Wien entwickelter Fragebogen wird nun in internationalen Richtlinien für die Verwendung für die Symptommessung empfohlen. Die Entwicklung einer App welche die Verwendung dieses Fragebogens über Handys, auch für Selbstmessungen durch PatientInnen, möglichen machen wird steht kurz vor dem Abschluss – mit einer Veröffentlichung der App ist im Sommer 2021 zu rechnen.

Wichtig ist auch festzustellen, ob die Symptome wegen derer der Test durchgeführt wird auch jene sind, die nach Einnahme der Laktose dokumentiert werden – falls nicht, mag zwar eine Laktoseintoleranz bestehen, die Beschwerden wegen derer die Testung durchgeführt worden ist, aber nicht erklärt sein, was weitere Untersuchungen notwendig machen kann.

Nachweis einer Laktosemalabsorption

  • Wasserstoff-Atemtest (Laktose-H2-Atemtest): Beim Wasserstoff-Atemtest muss der Betroffene eine Flüssigkeit mit aufgelöstem Milchzucker trinken. Wird nun die Laktose nicht im Dünn- sondern im Dickdarm durch Bakterien abgebaut, entsteht dabei Wasserstoff, der über die Lungen abgeatmet wird. Der Anteil des Wasserstoffs in der Atemluft wird dann elektrochemisch bestimmt. Ein Nachteil dieses Tests ist, dass für diesen Test die Ordination oder eine Ambulanz aufgesucht werden muss, verbinden mit einem Zeitaufwand von mehreren Stunden. Der Vorteil ist, dass mit dem Test auch gleichzeitig die wichtige Symptommessung durchgeführt werden kann (siehe oben), deren Ergebnis entscheidend für die weitere Behandlung ist.

  • Laktose-Toleranz-Test: Dem Patienten wird auf nüchternem Magen ein Glas Wasser mit aufgelöster Laktose (50 mg) gegeben – davor und danach wird der Blutzucker gemessen. Bei einem Mangel an dem Enzym Laktase kann Laktose nicht vollständig zerlegt werden, somit kommt es bei der zweiten Blutzuckermessung nur zu einem geringen oder zu gar keinem Anstieg des Blutzuckers. Dieser Test wird heute kaum noch verwendet, da seine Aussagekraft und Genauigkeit sehr gering ist. Er sollte auf alle Fälle durch eine Symptommessung ergänzt werden.

Nachweis eines Laktasemangels

  • Untersuchung von Schleimhautproben: Mit Hilfe dieser Proben aus dem Dünndarm lässt sich eine verminderte Aktivität des Enzyms Laktase nachweisen. Dieser Test wird nur noch für wissenschaftliche Zwecke verwendet.

  • Gentest: Mit Hilfe dieses Tests wird der angeborene Mangel an Laktase nachgewiesen. Er hat den Vorteil, dass die dazu notwendige Blutprobe verschickt werden kann, somit zeitsparend für die Patienten ist, aber den Nachteil, dass mit diesem Test sekundäre Ursachen eines Laktasemangels nicht erkannt werden können, und dass der Test keine Aussage über den, für die Entscheidung zur Behandlung wichtigen, Nachweis des Zusammenhangs mit Symptomen geben kann.

Für die Therapie relevant ist nur der Nachweis einer Laktoseintoleranz mit Hilfe von Fragebogen (siehe oben). Der Nachweis eines Laktasemangels oder einer Laktosemalabsorption ohne Nachweis einer Laktoseintoleranz ist kein ausreichender Grund für die Einleitung einer Behandlung und die damit verbundene Einschränkungen der Lebensqualität durch Verzicht auf geliebte Nahrungsmittel, oder aber die Auswirkung auf die Lebenshaltungskosten, durch Ausgaben für teurere Diätprodukte oder Nahrungsergänzungsmittel. Die Therapie der Laktoseintoleranz besteht aus der Verringerung der Verwendung von laktosehaltigen Lebensmitteln. Laktosearme Milchprodukte werden in den meisten Fällen problemlos vertragen.

Eine weitere Therapiemöglichkeit ist, Laktase in Form von Kautabletten, Tropfen- oder Kapselform zuzuführen und so eine Aufspaltung des Milchzuckers zu ermöglichen. Das Enzym wird zu Beginn einer laktosehaltigen Mahlzeit eingenommen. Viele Nahrungsmittelhersteller machen das bereits, indem sie die Milch damit anreichern (laktosefreie Milch).

Die Kost sollte laktosearm, muss aber nicht vollkommen laktosefrei, sein. Wichtig ist den Körper nicht mit Laktose zu überlasten – geringe Mengen werden in aller Regel gut vertragen. Die Menge an Laktose die vertragen wird, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und wird beeinflusst durch andere gleichzeitig eingenommene Nahrungsmittel und durch Faktoren wie z.B. Stress, Ärger, seelischem Gleichgewicht oder dem weiblichen Monatszyklus. Die ab Sommer 2021 verfügbare App (siehe oben) wird es Menschen mit Bauchsymptomen erlauben selbst ihre Verträglichkeit von Laktose und andern Zuckern wie z.B. Fruktose oder Birkenzucker, und auch von kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln zu testen, Kombinationen von Lebensmitteln zu testen, oder auch das gleiche Lebensmittel zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu testen: z.B. zwei Kugeln Eis entspannt im Urlaub im Vergleich zu zwei Kugeln Eis gestresst in der beruflichen Mittagspause).

Es gibt laktosefreie tierische Milchprodukte, oder auch pflanzliche Milchersatzprodukte wie Reismilch oder Sojamilch, die als Alternativen eingesetzt werden können. Für Kuhmilchprodukte erleichtern spezielle Enzymtabletten (Laktase) die Verdauung und können die Symptome verbessern. Zu beachten ist, dass Milchprodukte wertvolle Quellen verschiedener Nährstoffe, wie z.B. Eiweiß und Kalzium, sind und dass deswegen nicht mehr als unbedingt notwendig auf Milchprodukte verzichtet werden soll.

Zu laktosearmen Milchprodukten zählen Milchprodukte, die aus dem Fettanteil der Milch hergestellt werden, wie zum Beispiel Butter sowie Hart- und Schnittkäse.

Reich an Milchzucker sind etwa Milch, und alle Milchprodukte die aus Vollmilch oder dem wässrigen Anteil der Milch hergestellt werden, wie z.B. Molke, Kakao-Getränke, Kondensmilch, Cremeeis, sowie Süßspeisen, die mit Milch zubereitet werden. Aber auch Fertigprodukte können beträchtliche Mengen Laktose enthalten.

Viele Medikamente enthalten in ihrer Rezeptur Laktose – diese Mengen sind aber in aller Regel so gering, dass sie nicht für Bauchbeschwerden verantwortlich gemacht werden können und daher muss nicht auf diese Medikamente verzichtet werden.

Sollten sich die Beschwerden trotz laktosefreier Kost nicht bessern, könnte auch eine Intoleranz gegenüber anderen Kohlehydraten, wie zum Beispiel Fruchtzucker (Fruktose) oder Birkenzucker (Xylit) oder gegen Ballaststoffe vorliegen. Untersuchungen zufolge weisen rund zwei Drittel aller Personen mit einer Laktose-Intoleranz auch eine Unverträglichkeit gegen Fructose (Fruchtzucker) auf. Auch diese Unverträglichkeiten können mit Hilfe der App gemessen werden.

Sollten sich die Beschwerden trotz laktosefreier Kost nicht bessern, könnte auch eine Fructoseintoleranz vorliegen: Untersuchungen zufolge weisen rund zwei Drittel aller Personen mit einer Laktose-Intoleranz auch eine Unverträglichkeit gegen Fructose (Fruchtzucker) auf.

  • Gesund essen & trotzdem krank: Gluten-, Lactose-, Fructose-, Histamin-Intoleranz, M. Wolzt, S. Feffer-Holik, Verlagshaus der Ärzte, 2. Auflage, Wien, 2013
  • Laktose-Intoleranz: Wenn Milchzucker krank macht, T.Schleip, Trias Verlag, 7. Auflage, Stuttgart, 2010
  • M. Kerber et al.: Neue Erkenntnisse zur Laktoseintoleranz. In: Ernährung/ Nutrition 2008; 32:405-413
  • T.J. Wilt et al.: Lactose intolerance and health. In: Evid Rep Technol Assess 2010; 1:1-410

Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

12. Mai 2021

Erstellt am:

20. März 2014

Stand der medizinischen Information:

12. Mai 2021


ICD-Code:
  • E73

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