Gehirntumor

Abbildung eines Gehirntumors
Durchschnittlich erkranken 7 von 100.000 Menschen an einem bösartigen Hirntumor.
© psdesign1 / Fotolia.com

Gehirntumore sind im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen relativ selten. Die Wahrscheinlichkeit, an einem bösartigen Gehirntumor zu erkranken, trifft 7 von 100.000 Menschen. 

Medizinische Expertise

Josef Pichler

OA Dr. Josef Pichler

Facharzt für Innere Medizin, Leitender Oberarzt des Konsilliarfachs Innere Medizin und Neuroonkologie
Medizinische Fachbeiträge auf MeinMed.at werden von unabhängigen 🇦🇹 österreichischen Ärzt:innen und medizinischen Expert:innen geprüft.

Inhaltsverzeichnis

Zu den Gehirntumoren zählen Tumore des zentralen Nervensystems, sowie Krebserkrankungen der Hirnhäute, Hirnnerven, der Rückenmarkshäute und des Rückenmarks. Im Nervensystem können unterschiedliche Arten von Tumoren entstehen, man unterscheidet sie je nach ihrer Verlaufsform. Auf Basis gegenwärtiger Forschungen gibt es kein spezielles Risiko, das die Entstehung eines Gehirntumors begünstigt. Gehirntumor-Symptome reichen von Kopfschmerzen bis zu neurologischen Ausfallerscheinungen. Wird ein gutartiger Tumor operativ entfernt, stehen die Chancen sehr gut, dass der Betroffene mit entsprechender Nachbehandlung wieder vollkommen gesund wird.

Im Wesentlichen unterscheidet man 2 Arten von Hirntumoren:

  • Primäre Hirntumore (sie entstehen direkt aus den Zellen des Gehirns oder der Hirnhäute)
  • Sekundäre Hirntumore (bösartige Absiedlungen von Tumoren aus anderen Organen wie Lunge oder Darm)

Unterschiedliche Arten von Gehirntumoren

Gehirntumore können gutartig oder bösartig sein, je nachdem wie rasch ihre Zellen sich vermehren.


Gutartige Tumore sind gut abgekapselt und bestehen aus Zellen, die langsam wachsen. Sie sind zwar nicht per se lebensbedrohlich, können jedoch schwerwiegende Beeinträchtigungen hervorrufen, wenn sie sich z.B. in bestimmten Regionen (Sprachzentrum, Koordinationszentrum, etc.) des Gehirns befinden.


Bösartige Hirntumore bestehen aus sich rasch vermehrenden Zellen. In der bildgebenden Diagnostik erkennt man sie an ihren unregelmäßigen Umrissen. Das Gefährliche an diesen Tumoren ist, dass sie in Hirnregionen einwachsen können und dort Beeinträchtigungen der jeweiligen Gehirnzentren verursachen. Primäre Hirntumore bilden außerhalb des Gehirns keine Metastasen, können aber im Gehirn selbst an anderer Stelle als primäre Tumorlokalisation auftreten (multilokulärer Befall). Am häufigsten treten Gliome auf (bis zu 36 % aller Gehirntumore). Fachliche Bezeichnungen dafür sind u.a. Astrozytome oder auch Glioblastome. 50 % aller primären Hirntumore sind Glioblastome, sie sind die häufigsten und auch aggressivsten bösartigen primären Hirntumore.

Ursachen eines Gehirntumors

Basierend auf neuen Forschungsergebnissen besteht kein spezielles Risiko, das die Entstehung eines Gehirntumors begünstigt. Auch der Einfluss von Mobiltelefonen oder radioaktiven Feldern konnte wissenschaftlich nicht bestätigt werden.

Welche Symptome hat man bei einem Hirntumor?

Je nachdem, um welche Art von Tumor es sich handelt und wo er lokalisiert ist, können unterschiedliche Hinweise auf eine Erkrankung deuten. Bei folgenden Symptomen sollten Betroffene einen Arzt aufsuchen:

Häufiger Kopfschmerz, vor allem wenn er plötzlich auftritt, Druck im Kopf, Sehstörungen, wie Flimmern oder Doppeltsehen
, Schwindelanfälle, Gleichgewichtsstörungen, Sprachschwierigkeiten, 
Übelkeit und Erbrechen, Konzentrationsschwächen, Vergesslichkeit, Koordinationsstörungen, Persönlichkeitsveränderungen.

Eine umfassende körperliche und neurologische Untersuchung soll genauen Aufschluss darüber geben, ob es sich tatsächlich um einen Gehirntumor oder um eine andere Erkrankung handelt, die möglicherweise ähnliche Beschwerdebilder verursacht. Eine Blutuntersuchung weist ev. auf Entzündungsfaktoren hin.

Bildgebende Verfahren


Verlässliche Diagnosen ermöglichen bildgebende Verfahren, wie Magnetresonanztomographie (MRT), Computertomographie (CT) oder Positronen-Emissions-Tomograpie (PET). Um bestimmte wichtige Regionen (z.B. Sprachzentrum) vor einer Operation zu lokalisieren, wird die funktionelle Magnetresonanz-Tomographie (fMRT) angewendet. Sie zeigt diese Regionen und deren Beziehung zum Tumor an, damit diese Gebiete bei der Operation geschont werden können.

Biopsie


Bei der Biopsie wird eine Gewebeprobe entnommen und anschließend im Labor mikroskopisch untersucht.

Je nach Tumorart, Lokalisation des Tumors, seiner Beschaffenheit und Klassifizierung, sowie je nach Alter des Patienten wird eine entsprechende Therapie eingeleitet. Ein gutartiger Tumor wird entweder sofort entfernt oder regelmäßig kontrolliert. Ein bösartiger Tumor wird entweder operativ beseitigt und / oder mit Strahlen- oder Chemotherapie bzw. einer Kombination daraus behandelt.

Operation

Hirntumore werden nach Möglichkeit operativ behandelt. Eine weitere Möglichkeit ist es, den Tumor nur teilweise zu entfernen. Das ist nötig, wenn z.B. wichtige Regionen des Gehirns vom Tumor besiedelt wurden und eine operative Entfernung auch die Gehirnregionen zerstören würde. Ist ein Tumor aus diesem Grund gar nicht entfernbar, spricht man von einem inoperablen Tumor.

Für die Operation wird ein kleiner Teil der Schädeldecke geöffnet, dort wo der Tumor lokalisiert wurde und gut zugänglich ist. Bei dieser Operation muss der Chirurg sehr präzise arbeiten, um sicherzugehen, dass kein gesundes Gewebe verletzt wird. Daher wird bei einer Operation oftmals auch eine Kontrolle mit Computer- oder Magnetresonanz-Tomographie (CT / MRT) durchgeführt. Eine gründliche Nachsorge ist unverzichtbar, denn gerade im sensiblen Bereich des Gehirns ist es schwierig, tatsächlich alle vom Tumor befallenen Teile zu erwischen. Eine nachfolgende Strahlen- und / oder Chemotherapie zählt daher bei bösartigen Hirntumoren zur Standardtherapie.

Radiochirurgie

Mitunter kann auch eine einmalige Bestrahlung (Radiochirurgie) zur Heilung führen. Bei der Bestrahlung wird die Strahlung, ohne dass der Schädel geöffnet werden muss, gezielt auf den Tumor abgegeben. Das führt dazu, dass die strahlenempfindlichen Tumorzellen absterben.

Bestrahlung (Radiotherapie)

Im Zuge der Radiotherapie erfolgt eine mehrmalige Behandlung mit hochenergetischen Strahlen oder Partikeln. Ziel ist es, den Tumor zu zerstören oder zu verkleinern. Sie wird sowohl bei gut- als auch bei bösartigen Tumoren angewendet. Die Therapie wird ambulant durchgeführt und dauert üblicherweise sechs Wochen. Dank moderner Strahlentechnik halten sich die Nebenwirkungen dieser Behandlung in Grenzen. Es kann zu Müdigkeit, Kopfschmerzen oder Hautirritationen kommen, das Areal um den Tumor kann auch anschwellen (Ödem). Dabei ist es möglich, dass Kopfschmerzen auftreten. Die Behandlung mit Kortison kann den Beschwerden entgegen wirken. Meist ist die Behandlung auch von umschriebenem Haarausfall begleitet – doch das Haar wächst normal nach.

Chemotherapie

Diese Therapie zielt darauf ab, Tumorzellen zu zerstören. Die Chemotherapie ist eine systemische Therapie, das heißt sie wirkt im gesamten "System Körper". Daher treten auch Nebenwirkungen in anderen Organen auf, wo sich Zellen teilen (z.B. bei den Blutzellen im Knochenmark). Die Chemotherapie bei Hirntumoren ist aber schwieriger. Durch die Blut-Hirnschranke ist das Gehirn besonders geschützt. Daher ist es auch aufwendiger, die Chemotherapeutika in die betroffenen Gehirnareale einzuschleusen, dies ist nur mit speziellen Therapeutika möglich.


Vor allem bei der Therapie des Glioblastoms werden Chemotherapie und Bestrahlung so früh wie möglich angewendet. Das Chemotherapeutikum schädigt das Erbgut der Krebszellen, sodass diese sich nicht mehr teilen können. Im Zuge der Therapie kann es zu einer Verminderung der weißen Blutkörperchen und der Blutplättchen kommen. Blutungen der Haut und verminderte Immunabwehrkraft können Nebenwirkungen sein.

Neue Therapiestrategien

Um das Wachstum der Tumorzelle zu blockieren, arbeitet die Forschung an der Entwicklung sogenannter "zielgerichteter Therapien". Dazu zählen beispielsweise Angiogenesehemmer. Dabei handelt es sich um biologische Medikamente, die verhindern, dass der Tumor neue Blutgefäße bilden kann.

Auch Kortison hat einen besonderen Stellenwert in der Tumortherapie. Das Hormon wird zur Therapie bei Hirnschwellen eingesetzt, das Druckgefühl im Kopf wird dadurch verhindert. Da Kortison aber auch Nebenwirkungen hat, wie beispielsweise erhöhten Blutzucker, Gewichtszunahme oder Schlafstörungen, sollte es möglichst niedrig dosiert werden.


Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

7. Mai 2020

Erstellt am:

11. August 2017

Stand der medizinischen Information:

7. Mai 2020


ICD-Codes:
  • D33
  • D43
  • C70
  • C71
  • C72

Quellen:

Neuroonkologie. Ein kleiner Leitfaden, J. Pichler, LNK Wagner-Jauregg, Linz, 2010

Neuroonkologische Arbeitsgemeinschaft (NOA), Leitlinien (07.05.2020)

Society of Austrian Neurooncology (07.05.2020)

Statistik Austria (07.05.2020)

Psychoonkologische Betreuung, Klinikum Münster (07.05.2020)

Society of Neuro-Oncology (SNO) (07.05.2020)

American Brain Tumor Association (07.05.2020)

The National Brain Tumor Foundation (07.05.2020)


Mehr zum Thema

Derzeit aktuell

Neueste Beiträge