Body Dysmorphia (Körperdysmorphe Störung, Körperschemastörung, Dysmorphophobie)

Body Dysmorphia körperdysmorphe Störung
Betroffene nehmen ihr eigenes Körperbild oft verzerrt wahr.
© Lee Charlie / Shutterstock.com
Direkt zum Inhaltsverzeichnis

Menschen mit Dysmorphia nehmen ihren Körper als missgestaltet war und haben mit starken Schamgefühlen zu kämpfen. Die übermäßige Beschäftigung mit dem äußeren Erscheinungsbild kann zu einer starken psychischen Belastung werden und viele Lebensbereiche beeinträchtigen.

Medizinische Expertise

Christof Argeny

Dr. Christof Argeny

Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin
Gerstnerstraße 3, 1150 Wien
www.sowhat.at
Medizinische Fachbeiträge auf MeinMed.at werden von 🇦🇹 österreichischen Ärzt:innen und medizinischen Expert:innen geprüft.

Inhaltsverzeichnis

Die körperdysmorphe Störung ist eine klassische Körperwahrnehmungsstörung und beschreibt die übermäßige Beschäftigung mit einem eingebildeten Makel. Betroffene erleben ihren Körper als hässlich, entstellt oder abstoßend und versuchen mit allen Mitteln, den vermeintlichen Schönheitsfehler zu verbergen. Menschen mit einer Körperschemastörung sind oft sehr unsicher und leiden häufig an einer Essstörung.

Mit einer Körperschemastörung in Zusammenhang stehen exzessive Körperpflege-Rituale, zwanghafte Selbstbetrachtung und starke Schamgefühle. Depressionen und Angststörungen treten oft in Kombination auf.

  • Körperdysmorphie ist eine Körperwahrnehmungsstörung mit ausgeprägter Beschäftigung eines eingebildeten Makels.
  • Die Ursachen sind multifaktoriell, Anlage und Umwelt spielen eine wichtige Rolle.
  • Oft werden zwanghafte Rituale vorgenommen und die verhassten Körperstellen kaschiert.
  • Behandlungsoptionen umfassen die kognitive Verhaltenstherapie, Medikamente und Entspannungstechniken.
  • Es ist wichtig, bei Kindern das Selbstbewusstsein und die Aufklärung über unrealistische Schönheitsstandards zu fördern.
Art übermäßige Beschäftigung mit eingebildetem Makel
Ursache Veranlagung, Umwelt, gesellschaftlicher Druck, Social Media, Aufwärtsvergleich
Symptome zwanghafte Verhaltensweisen (z. B. wiederholtes Überprüfen des Spiegelbildes), Vergleichen mit Anderen
Diagnose Clearing Gespräch
Therapie kognitive Verhaltenstherapie, Antidepressiva (SSRI)

Die körperdsymorphe Störung beginnt meist schon sehr früh im Jugendalter. Dabei ist die Prävalenz bei Frauen deutlich höher als die bei Männern. Insgesamt sind etwa zwischen 0,5 und 2 Prozent von Dysmorphophobie betroffen. Auslöser der Krankheit ist immer ein multifaktorielles Geschehen, bei dem soziale Umweltfaktoren, genetische, physiologische, soziokulturelle sowie psychologische Faktoren und spezielle Persönlichkeitsmerkmale eine Rolle spielen.

  • soziokulturelle Ebene: Hierbei wird der hohe Stellenwert von Schönheit in der Gesellschaft betont. Medien vermitteln oft den Druck, schlank und schön zu sein, was zu einer gestörten Wahrnehmung des eigenen Körpers führen kann.
  • individuelle Ebene: Persönlichkeitsmerkmale können zur Entwicklung einer Körperschemastörung beitragen. Menschen, die bereits in der Kindheit stark auf ihr Aussehen fixiert waren, suchen sich häufig Bestätigung und Anerkennung durch ihr Äußeres. Besonders soziale Medien verleiten dazu, sich mit anderen Personen zu vergleichen, die dem vermeintlichen Schönheitsideal entsprechen ("Aufwärtsvergleich"). Erfahrungen mit Mobbing können das Selbstwertgefühl verletzen und zu einer zunehmenden Infragestellung des eigenen Aussehens führen. Besonders anfällig sind Menschen mit perfektionistischen oder ängstlichen Persönlichkeitsmerkmalen und geringem Selbstwertgefühl.
  • Biologische Ebene: Expert:innen gehen davon aus, dass bei Menschen mit Körperschemastörung eine Störung des Serotoninhaushalts vorliegt.

Eine körperdysmorphe Störung beginnt meist im frühen Erwachsenenalter. Im Laufe der Jahre entwickeln Betroffene zwanghafte Verhaltensmuster. Diese laufen in der Regel in vier unterschiedlichen Formen ab:

  • Kontrollieren: Menschen, die unter Body Dysmorphia leiden, beschäftigen sich intensiv mit einem vermeintlichen Mangel. Bestimmte Körperteile werden als monströs, deformiert oder ekelerregend wahrgenommen. Es kommt zu zwanghaften Handlungen, wie dem ständigen Überprüfen des eigenen Spiegelbilds oder extremer Körperpflege. Betroffene vergleichen sich ständig mit anderen Personen und machen sich oft stundenlang Gedanken über ihr äußeres Erscheinungsbild.
  • Kaschieren: Betroffene Personen haben häufig mit starken Schamgefühlen zu kämpfen und investieren sehr viel Zeit, um ihren vermeintlichen Makel zu kaschieren. Zum Beispiel tragen sie weite Kleidung, ziehen sich mehrmals am Tag um, oder verwenden starkes Make-up, um den vermeintlichen Schönheitsfehler zu verbergen. Wenn der Leidensdruck zu groß wird, dann wird nur mehr eine Schönheitsoperation als letzter Ausweg gesehen. In der Regel führt diese Maßnahme aber nicht zur Besserung bzw. Linderung der Belastung.
  • Vermeiden: Betroffene tendieren dazu, die Öffentlichkeit zu meiden, wenn sie ihren Makel nicht ausreichend verbergen können. Sie sagen Termine ab, bleiben von der Schule oder der Arbeit fern und vermeiden öffentliche Orte wie Schwimmbäder. Die Abneigung gegenüber ihrem eigenen Aussehen kann so stark sein, dass sie alle Spiegel zuhause verdecken oder keine Fotos von sich machen lassen.
  • Manipulieren: Im Laufe der Zeit wird der Wunsch, das eigene Aussehen zu verändern, immer stärker. Häufige Verhaltensweisen sind Skin Picking (Abzupfen der Haut), zwanghaftes Waschen, Haare kämmen oder auszupfen. Wenn der Zwang das Leben massiv einschränkt und beginnt, Gedanken zu kontrollieren, entscheiden sich Betroffene häufig für ästhetische Eingriffe.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Dysmorphophobie zu behandeln, unter anderem:

  • kognitive Verhaltenstherapie: Die kognitive Verhaltenstherapie hat sich als geeignetste Psychotherapie erwiesen. In der Therapie ist zum Beispiel die Spiegelkonfrontation (stundenlanges in den Spiegel schauen) eine effektive Behandlungsmethode, mit dem Ziel, Betroffene wieder ein gesundes Köpergefühl anzutrainieren. Menschen mit einer Körperakzeptanzstörung lernen neue Verhaltensweisen kennen, um negative Gedanken und destruktive Verhaltensweisen zu erkennen und zu verändern.
  • Medikamentöse Behandlung: Leiden Betroffene zusätzlich unter Depressionen oder haben Selbstmordgedanken, sollte eine medikamentöse Therapie erfolgen. Hier haben sich Antidepressiva aus der Gruppe der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) bewährt.
  • Entspannungstechniken: Entspannungsübungen wie die progressive Muskelentspannung oder bestimmte Yoga-Stellungen können dabei helfen, Stress abzubauen und Anspannungen zu lösen.
  • Achtsamkeitsübungen: Meditationen oder spezielle Atemübungen wie zum Beispiel die 4-7-8 Atmung (4 Sek. Einatmen - 7 Sek. Luft anhalten - 8 Sek. Ausatmen), tragen zu einem positiven Körpergefühl und zu mehr Achtsamkeit bei.
  • Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit Gleichgesinnten kann auf dem Heilungsweg hilfreich und unterstützend sein. Betroffene fühlen sich besser verstanden und haben weniger Angst, mit der Krankheit allein zu sein.

Es ist entscheidend, dass Eltern das Selbstbewusstsein ihrer Kinder stärken und ihnen dabei helfen, vermeintliche Makel zu akzeptieren, Stärken und Schwächen zu erkennen und sich selbst als Individuum zu schätzen. Eine wichtige Aufgabe besteht darin, Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, dass medial gezeigte Schönheitsideale nicht der Realität entsprechen.

Viele Influencer:innen, Models und Stars verwenden oft Beauty-Filter oder bearbeiten ihre Bilder für mehr Likes und Anerkennung. Gerade junge Menschen, die in ihrer Persönlichkeit noch nicht gefestigt sind, fühlen sich im Vergleich zu ihren Instagram-Idolen häufig nicht schön genug und sehen sich selbst als schwach und undiszipliniert. Die Folgen sind die eigene Abwertung und Selbsthass, die häufig zu einem krankhaften Verhalten führen. Eine gesunde Beziehung zu sich selbst und seinem Körper ist wichtig für die Psyche und steigert das Selbstwertgefühl.


Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Erstellt am:

3. August 2023

Stand der medizinischen Information:

3. August 2023

Derzeit aktuell

Neueste Beiträge