Blinddarmentzündung (Appendizitis)

Frau, mit Bauchschmerzen, greift sich auf die rechte Seite
Bei einer Blinddarmentzündung entzündet sich der Wurmfortsatz.
© Inspiration GP / Shutterstock.com
Direkt zum Inhaltsverzeichnis

Bauchschmerzen und Übelkeit können Erstsymptome einer Blinddarmentzündung sein. 

Medizinische Expertise

Alexander Flor

Prof. h.c. Dr. Alexander Flor

Facharzt für Chirurgie, Venenspezialist
Heiligenstädterstraße 46-48, 1190 Wien
venenpraxis.at
Medizinische Fachbeiträge auf MeinMed.at werden von 🇦🇹 österreichischen Ärzt:innen und medizinischen Expert:innen geprüft.

Inhaltsverzeichnis

Eine Blinddarmentzündung betrifft den sogenannten Wurmfortsatz (Appendix), ein zirka 8-10 cm langes und 1 bis 1,5 cm im Durchmesser messendes Darmstück, das dem Blinddarm entspringt, einem Darmabschnitt im rechten Unterbauch am Übergang vom Dünndarm zum Dickdarm. Eine Blinddarmentzündung kann sich innerhalb kürzester Zeit verschlimmern: starke Schmerzen im rechten Unterbauch, Übelkeit und Fieber treten dann auf. Eine chirurgische Entfernung des entzündeten Darmgewebes ist unumgänglich, andernfalls würde der Wurmfortsatz anschwellen und platzen – eine bakterielle Blutvergiftung (Sepsis) kann die Folge sein.

  • Bei einer Blinddarmentzündung ist ein Darmabschnitt, der sogenannte Wurmfortsatz (Appendix), betroffen.
  • Zu den Symptomen einer Blinddarmentzündung zählen Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit sowie Übelkeit bis hin zu Erbrechen.
  • Bei einer ungehinderten voranschreitenden Infektion kann es zu einem Blinddarmbruch kommen.
  • Zur Behandlung ist ein chirurgischer Eingriff nötig, bei dem der entzündete Darmabschnitt entfernt wird.
Art Entzündung des Wurmfortsatzes
Ursachen Meist durch eine Fehlfunktion bei der Rückführung von Teilen des Stuhls aus dem Wurmfortsatz in den Rest des Darms
Symptome Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Unterschiede bei der gemessenen Körpertemperatur unter der Achsel und rektal um etwa 1°C
Diagnose Bauch abtasten, Blutbild, Ultraschall, CT, gynäkologische Untersuchung bei Frauen
Therapie Operativer Eingriff

Rund 8% der Bevölkerung erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Blinddarmentzündung. Grundsätzlich kann die Entzündung des Wurmfortsatzes in jedem Lebensabschnitt auftreten, gehäuft geschieht dies aber im Alter zwischen 10 und 30 Jahren. Die Entfernung des Wurmfortsatzes gehört zu den am häufigsten praktizierten Bauchoperationen und ist daher als Routineeingriff anzusehen.

Während des menschlichen Verdauungsprozesses werden die zerkleinerten und durch die Magensäure vorverdauten Speisen in verschiedenen Darmabschnitten verarbeitet. Erst werden den Lebensmitteln die Nährstoffe entzogen, die unser Körper braucht, später werden die übriggebliebenen Speisereste eingedickt und als Kot schließlich ausgeschieden. Innerhalb dieses Prozesses ist es vollkommen normal, dass Teile des Stuhls immer wieder in den Wurmfortsatz dringen, für gewöhnlich werden sie aber nach kurzer Zeit zurück in den Blinddarm geführt.

Der Grund einer Infektion des Wurmfortsatzes liegt meist in der Fehlfunktion dieser Rückführung aus dem Wurmfortsatz in den Rest des Darms. Entweder ist der Teil des Darms abgeknickt oder stark eingedickter Kot oder andere Fremdkörper wie zum Beispiel Kerne versperren den Durchgang. Durch diese Blockade bleiben die Verdauungsprodukte im Wurmfortsatz stecken, enthaltene Bakterien können sich ungehindert vermehren und somit eine Entzündung auslösen.

 

Mehr lesen » Der Darm: Wie ist er aufgebaut?

In seltenen Fällen löst sich das Problem von selbst, indem sich der Wurmfortsatz doch noch entleert und die Entzündung wieder abheilt. In den allermeisten Fällen äußert sich die Infektion aber in Form folgender Symptome:

  • Bauchschmerzen, die erst diffus sind, sich dann aber innerhalb weniger Stunden oft in den rechten Unterbauch verlagern
  • Appetitlosigkeit
  • Übelkeit bis hin zum Erbrechen
  • Die Körpertemperatur gemessen unter der Achsel und rektal unterscheidet sich um etwa 1 °C

Da die Verdauungsprodukte viele Bakterien enthalten, schreitet die Entzündung in der Regel zügig voran (24-48 Stunden), die Darmwand wird dabei zunehmend geschädigt, der Wurmfortsatz schwillt an. Die Schmerzen, die anfangs noch diffus waren, treten in dieser Zeit vermehrt, teilweise auch krampfartig im rechten Unterbauch unterhalb des Nabels auf. Häufig verschlimmern sie sich noch beim Husten, Gehen und wenn äußerlicher Druck auf die entsprechende Bauchregion ausgeübt wird.

Schreitet die Infektion ungehindert voran, platzt der entzündete Darmabschnitt im schlimmsten Fall und der infektiöse Inhalt verteilt sich im gesamten Bauchraum. In diesem Fall spricht man von einem Blinddarmbruch bzw. einer Perforation. Sollten die Bakterien nach einer solchen Perforation nicht schnellstmöglich in einer Notfallbehandlung eingedämmt werden, kommt es zu einer Bauchfellentzündung, einer für die Patient:in lebensgefährlichen Infektion.

Um diese Entwicklung bis hin zum Blinddarmbruch zu vermeiden, sollten Patient:innen zunehmende Schmerzen im rechten Unterbauch niemals auf die leichte Schulter nehmen und im Zweifelsfall bei Ärzt:in oder Chirurg:in vorstellig werden.

Eine Diagnose kann gestellt werden mittels:

  • Bauch abtasten: Die Ärzt:in kann mithilfe verschiedener Druck- und Klopftechniken den Bauch äußerlich abtasten, um Hinweise auf eine Entzündung des Wurmfortsatzes zu erhalten.
  • Blutbild: Die Entzündungswerte im Blutbild sind meistens deutlich erhöht.
  • Ultraschall: Häufig wird außerdem ein Ultraschall-Gerät genutzt, um die Diagnose abzusichern. Besteht eine Entzündung, erscheint der betroffene Darmabschnitt auf dem Monitor durch eine angeschwollene Wand dicker als gewöhnlich. 
  • Computertomographie: Seltener nutzt die Ärzt:in auch eine Computertomographie (CT), um eine eindeutige Diagnose zu erstellen.
  • Gynäkologische Untersuchung: Frauen sollten darüber hinaus auch gynäkologisch untersucht werden, da eine Zyste oder eine Eileiterschwangerschaft ähnliche Symptome auslösen kann.

Eine eindeutige Diagnose ist bei Schwangeren und Senior:innen häufig schwieriger zu erstellen. Durch die Schwangerschaft sind die inneren Organe sowie auch der Wurmfortsatz in ihrer Lage leicht verschoben und daher schwieriger zu lokalisieren. Ältere Menschen reagieren auf die Symptome hingegen oft weniger, sodass die Entzündung bei diesen Personengruppen mitunter erst in einem späten Stadium erkannt wird, wodurch Perforationen mit der Gefahr einer Bauchfellentzündung wahrscheinlicher werden.

 

Mehr lesen » Eileiterschwangerschaft: Anzeichen & Symptome

Der entzündete Darmabschnitt muss chirurgisch entfernt werden. Dies geschieht während einer rund 20-40- minütigen Operation unter Vollnarkose. Die Ärzt:in kann bei der Behandlung zwischen zwei Operationsverfahren wählen.

  • Minimal-invasiver Eingriff: Das heißt, dass die Operateur:in drei kleine Schnitte (1-2 cm) unterhalb des Bauchnabels im Unterbauch und auf Höhe der Schamhaare setzt, durch die sie mithilfe feinster medizinischer Geräte operiert und den Eingriff mittels Kamera an einem Monitor durchführt.
  • Öffnung der Bauchdecke: Durch einen 2 bis 5 cm langen Schnitt hat man direkte Sicht auf den entzündeten Bereich.
  • In allen Fällen können bei schwer fortgeschrittenen Entzündungen oder beim Blinddarmdurchbruch auch größere Schnitte notwendig werden.
  • In vielen Fällen wird kurzfristig vor der Operation einmalig auch ein Antibiotikum verabreicht (Perioperative Antibiotikaprophylaxe).
  • In schweren Fällen, insbesondere bei einer Bauchfellentzündung, wird die Antibiotikatherapie auch nach der Operation über mehrere Tage verabreicht.

Welches Verfahren (ob offen / konventionell oder laparoskopisch / Kameramethode) angewendet wird, wird die behandelnde Chirurg:in nach Analyse der Situation in Absprache mit der Patient:in entscheiden.

  • Ärztliche Abklärung: Treten mehrere Symptome auf, sollte der Betroffen:e schnell reagieren und eine Ärzt:in aufsuchen, um ein Fortschreiten der Entzündung zu verhindern.
  • Schonkost: Am Tag der Operation muss der frisch versorgte Darm geschont werden. Daher gibt es nur Tee zu trinken, auch am 2. und 3. Tag steht leichte Kost, häufig Zwieback und Suppe, auf dem Speiseplan.
  • Körperliche Schonung: Nach 2 bis 5 Tagen kann die Patient:in das Krankenhaus in der Regel wieder verlassen, zirka 2 Wochen lang sollte er aber zu Hause bleiben und anstrengende körperliche Aktivitäten meiden. Bis zur vollständigen Heilung der Bauchwand können 3 Monate vergehen, in denen die Patient:in vor allem nach der offenen (konventionellen) Operationstechnik keine schweren Gegenstände heben sollte.
  • Interview mit Dr. Gerhard Angermayr, Facharzt für Innere Medizin
  • Interview mit Dr. Dritan Turhani, Chirurg
  • Harrisons Innere Medizin, A. Fauci, E. Braunwald, D. Kasper, S. Hauser, D. Longo, J. Jameson, herausgegeben von M. Dietl, N. Suttorp, M. Zeitz, ABW Wissenschaftsverlag GmbH, Sonderausgabe 17. Auflage, Berlin, 2009
  • Innere Medizin, Duale Reihe, Georg Thieme Verlag, 2. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart, 2009

Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

8. Januar 2024

Erstellt am:

5. Dezember 2016

Stand der medizinischen Information:

4. Mai 2020


ICD-Codes:
  • K37
  • K35

Mehr zum Thema

Derzeit aktuell

Neueste Beiträge