Hyperhidrose (übermäßiges Schwitzen)

Mann mit Hemd, auf dem starke Schweißflecken zu sehen sind
Hyperhidrose kann den gesamten Körper betreffen oder an bestimmten Körperstellen auftreten.
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Schwitzen ist ein wichtiger Vorgang, der die Körpertemperatur reguliert. Hyperhidrose bezeichnet übermäßiges starkes Schwitzen, das über das eigentliche Ausmaß hinausgeht.

Medizinische Expertise

Stefan Werner

Dr. Stefan Werner

Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Spezialist für Venenerkrankungen
Bergmanngasse 8, 8010 Graz
www.hautarzt-venen.at
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Inhaltsverzeichnis

Das Kühlen des Körpers zählt zur Hauptfunktion des Schwitzens und ist lebenswichtig, da es den Organismus vor Überhitzung schützt. Die Schweißmenge kann mehrere Liter pro Tag betragen. Kommt es über einen längeren Zeitraum zu einer übermäßigen Schweißbildung, mitunter auch ohne körperliche Anstrengung, kann dies sehr belastend sein. So vielfältig wie die Ursachen sind auch die Behandlungsmöglichkeiten.

Zusammenfassung

  • Hyperhidrose ist eine Fehlfunktion des Körpers, bei der es an unterschiedlichen Körperstellen zu übermäßigem Schwitzen kommt.
  • Es gibt unterschiedliche Formen und Schweregrad der Hyperhidrose.
  • In Österreich sind schätzungsweise 1-2 % der Bevölkerung von Hyperhidrose betroffen. 
  • Tests wie der Jod-Stärke-Test und die Klinische Schweregradeinteilung können das Ausmaß der Hyperhidrose bestimmen.
  • Um Hyperhidrose zu behandeln, gibt es unterschiedliche Therapien sowie minimal-invasive bis chirurgische Eingriffe.
  • Mitunter ist es auch sinnvoll, psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Hyperhidrose im Überblick

Art Funktionelle Erkrankung, Überstimulation der Schweißdrüsen
Ursache Nicht zuordenbar (primäre Hyperhidrose), u.a. Krankheit, Störung im Hormonhaushalt (sekundäre Hyperhidrose)
Symptome Übermäßige Schweißbildung an verschiedenen Körperstellen
Diagnose Anamnese, körperliche Untersuchung, Jod-Stärke-Test, Gravimetrie
Behandlung u.a. Iontophorese, Botox-Injektionen, Radiowellentherapie, OP

FAQ (Häufige Fragen)

Wie merke ich, dass ich Hyperhidrose habe?

Übermäßige Schweißbildung ist das Leitsymptom bei Hyperhidrose. Damit einhergehen kann blasse oder rissige Haut an Händen oder Füßen sowie ein unangenehmer Schweißgeruch.

Welche Krankheiten lösen Hyperhidrose aus?

Bei der sekundären Hyperhidrose ist das übermäßige Schwitzen auf Erkrankungen, Infektion, Hormonstörungen, etc. zurückzuführen wie z.B.:

  • Schilddrüsenüberfunktion
  • Bluthochdruck
  • Tuberkulose, Endokarditis, Pilzinfektionen
  • Krebserkrankungen, z.B. Lymphom, Leukämie
  • Neuronale Erkrankungen, z.B. autonome Neuropathie
  • Psychische Erkrankungen, emotionale Belastungen, Angst, Stress
  • Einnahme von Medikamenten, z.B. Kortison, Antidepressiva, Salicylsäure (Aspirin)
  • Schwangerschaft
  • Übergewicht
  • Entzugserscheinung nach Alkohol- oder Drogenkonsum
  • Kreislaufprobleme
Was kann man gegen Hyperhidrose tun?

Zur Behandlung stehen unterschiedliche Therapiemöglichkeiten je nach Ursache zur Verfügung. Sie reichen von lokaler Anwendung über Injektionen bis hin zu chirurgischen Methoden.

Hyperhidrose bezeichnet übermäßiges Schwitzen bzw. eine verstärkte Schweißsekretion, auch in Ruhe und ohne körperliche Anstrengung. Hyperhidrose kann bereits zwischen dem 6. und 16. Lebensjahr auftreten. Frauen und Männer können gleichermaßen betroffen sein.

Körperstellen, die eine hohe Dichte an Schweißdrüsen aufweisen, sind Stirn, Achselhöhlen, Handflächen, Fußsohlen oder auch die Leistengegend.

Hyperhidrose kann den gesamten Körper betreffen oder an bestimmten Körperstellen auftreten:

  • Generelle Hyperhidrose: Übermäßiges Schwitzen am gesamten Körper
  • Palmare Hyperhidrose: Übermäßiges Schwitzen an den Händen
  • Axilläre Hyperhidrose: Übermäßiges Schwitzen in der Achsel
  • Plantare Hyperhidrose: Übermäßiges Schwitzen an den Füßen

Darüber hinaus gibt es zwei unterschiedliche Varianten von Hyperhidrose:

  • Primäre Hyperhidrose: Es liegen keine Erkrankungen oder äußeren Ursachen vor. 
  • Sekundäre Hyperhidrose: Das übermäßige Schwitzen ist u.a. auf Erkrankungen, Infektionen, Hormonstörungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten zurückzuführen.

Übermäßige Schweißbildung ist das Leitsymptom bei Hyperhidrose. Damit einhergehen kann blasse oder rissige Haut an Händen oder Füßen sowie ein unangenehmer Schweißgeruch. Krankhaftes Schwitzen kann emotional sehr belastend sein und zu Unsicherheiten bis hin zu sozialer Ausgrenzung führen.

Während bei der primären Hyperhidrose keine erkennbaren Ursachen zugrunde liegen, gibt es bei der sekundären Hyperhidrose neben körperlicher Anstrengung zahlreiche unterschiedliche Auslöser: 

Nicht immer handelt es sich bei starkem Schwitzen um eine Hyperhidrose; auch können vergrößerte Schweißdrüsen oder Schweißdrüsen in höherer Dichte der Grund für vermehrte Schweißbildung sein.

Erste Ansprechpartner:in für übermäßiges Schwitzen ist die Ärzt:in für Allgemeinmedizin bzw. Hausärzt:in. Diese wird bei Bedarf an die jeweilige Fachärzt:in überweisen oder weitere Untersuchungen veranlassen. Auch die Dermatolog:in oder Neurolog:in sind die richtigen Ansprechpersonen.

Ein umfassendes Ärzt:in-Patient:ingespräch (Anamnese), bei dem die Ärzt:in über die Krankengeschichte informiert wird, sowie eine körperliche Untersuchung dienen als Grundlage für eine Diagnose. Mögliche Fragen können sein: 

  • Wie lange besteht das verstärkte Schwitzen bereits?
  • An welchen Körperstellen kommt es zu übermäßigem Schwitzen?
  • In welchen Situationen bzw. zu welcher Tages- oder Nachtzeit tritt es auf?
  • Wie belastend empfinden Sie das Schwitzen?
  • Ist das Schwitzen temperaturabhängig?
  • Welche Erkrankungen gibt es in der Familie?

Steht die Diagnose Hyperhidrose fest, kann die Ärzt:in weitere Tests durchführen:

  • Jod- und Stärke-Test: Jodlösung wird auf die entsprechende Hautstelle aufgetragen. Sobald die Stelle trocken ist, wird Maisstärke darauf gestreut, woraufhin sich die Stelle bei neuer Schweißbildung dunkel verfärbt.
  • Gravimetrie: Mit Filterpapier und Feinwaage wird die abgesonderte Schweißmenge an einer bestimmten Körperstelle innerhalb eines bestimmten Zeitraums gemessen. Die Methode dient weniger zur Bestätigung bzw. zum Ausschluss einer Hyperhidrose, da keine eindeutigen Richtwerte vorliegen, kann aber eine Orientierung geben, ob eine Behandlungsmethode erfolgreich war.

Um den Schweregrad der Hyperhidrose zu bestimmen, kann die Klinische Schweregradeinteilung dienen:

Grad I – leichte Hyperhidrose

Schwitzen an Achseln und Händen bzw. Füßen: Deutlich vermehrte Hautfeuchtigkeit. Achseln: Schweißflecken (5-10 cm Durchmesser)

Grad II – mäßig starke Hyperhidrose

Achseln + Hände bzw. Füße: Bildung von Schweißperlen

Achseln: Schweißflecken (10-20 cm Durchmesser)

Hände bzw. Füße: Schwitzen auf Handflächen bzw. Fußsohlen beschränkt

Grad III – starke Hyperhidrose

Achseln + Hände bzw. Füße: Schweiß tropft ab

Achseln: Schweißflecken (> 20 cm Durchmesser)

Hände bzw. Füße: Schwitzen auch an Rückseite von Fingern und Zehen sowie am seitlichen Rand von Hand und Fuß

Je nach Ursache kann die Ärzt:in weitere körperliche Untersuchungen veranlassen, um bestimmte Krankheiten auszuschließen. Dazu zählen u.a. folgende Tests und Verfahren:

  • Blutuntersuchungen, z.B. Schilddrüsenhormone, Hormonstatus
  • Bildgebende Verfahren bei Verdacht auf Tumorerkrankungen
  • Allergietest

Eine umfassende Anamnese, bei dem die Ärzt:in über die Krankengeschichte informiert wird, sowie eine körperliche Untersuchung dienen als Grundlage für eine Diagnose.

Dr. Stefan Werner, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten

Zur Behandlung stehen unterschiedliche Therapiemöglichkeiten je nach Ursache zur Verfügung. Die Auswahl erfolgt in der Regel stufenweise und je nach betreffendem Hautareal. Die Behandlungsmöglichkeiten reichen von lokaler Anwendung über Injektionen bis hin zu chirurgischen Methoden.

Lokale bzw. minimal-invasive Behandlungsmöglichkeiten bei Hyperhidrose

  • Antiperspirantien: Präparate zur lokalen Anwendung bei leichter Hyperhidrose, die Metallsalze (Aluminiumchlorid) enthalten, die die Schweißdrüsen an der betreffenden Stelle verschließen. 
  • Botulinumtoxin A: Botulinumtoxin-Injektionen haben das Ziel, die Reizübertragung der Schweißdrüsen zu blockieren und dadurch das Schwitzen zu verhindern. Die Injektionen sind an Hand- und Fußflächen sowie in den Achselhöhlen möglich, die Wirkung hält etwa 6 Monate an, daher sind 1-2 Behandlungen pro Jahr empfehlenswert.
  • Leitungswasser-Iontophorese: Hände und/oder Füße werden in ein Bad mit Leitungswasser getaucht, durch das mittels Elektroden schwacher Strom geleitet wird. Dadurch soll die Reizschwelle der Schweißdrüsensekretion erhöht werden. Die Bäder sollten zunächst täglich, dann mehrmals wöchentlich für 15 bis 20 Minuten erfolgen.
  • Radiofrequenz-, Mikrowellen-, Ultraschalltherapie: Ist für eine geringere Schweißbildung im Achselbereich geeignet. Die Schweißdrüsen werden lokal durch Radiofrequenz, Mikrowellen oder Ultraschall geschädigt, allerdings können auch andere Hautstrukturen beschädigt werden.
  • Systemische Therapie mit Medikamenten: Bei Hyperhidrose am gesamten Körper können Medikamente (u.a. Anticholinergika, Psychopharmaka, Sedativa, Betablocker) eingesetzt werden, jedoch sind sie nicht für die dauerhafte Einnahme geeignet.
  • Psychotherapie: Bei psychischen Belastungssituationen kann (ergänzend) psychotherapeutische Unterstützung helfen.

Rezeptfrei erhältliche Tabletten mit Salbeiextrakt sollen die Schweißbildung reduzieren, jedoch fehlen klinische Studien zur Wirksamkeit.

Chirurgische Verfahren bei Hyperhidrose

Die Eingriffe werden unter örtlicher Betäubung vorgenommen:

  • Operative Entfernung der axillären Schweißdrüsen (Schweißdrüsenexzision): Dauerhafte Entfernung (großer Teile) der Schweißdrüsen im Achselbereich. 
  • Schweißdrüsenkürettage bzw. Schweißdrüsenabsaugung: Die Schweißdrüsen in den Achselhöhlen werden mit einem chirurgischen Löffel abgetragen und kann auch in Kombination mit einer Laserbehandlung durchgeführt werden. Die Methode ist aufgrund der Langzeitwirkung umstritten.

Auch wenn das übermäßige Schwitzen nicht kontrollierbar ist, ist tägliche Körperhygiene wichtig, um unangenehme Folgeerscheinungen eingrenzen zu können. In manchen Fällen können Änderungen im Alltag helfen, z.B. Kleidung aus Naturfasern tragen, Vermeiden von alkoholischen oder heißen Getränken oder scharf-würzigen Speisen, Stressreduktion, Gewichtsreduktion.

Bei Hyperhidrose handelt es sich um eine körperliche Fehlfunktion, daher ist es wichtig, sich ärztliche Hilfe zu holen, insbesondere wenn es die Lebensqualität einschränkt.


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Stand der medizinischen Information:


ICD-Code:

  • R61

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