Einsamkeit macht auf Dauer krank

Mädchen fühlt sich einsam, im Hintergrund zwei andere Menschen
Auch wenn man von vielen Leuten umgeben ist, kann man sich einsam fühlen.
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Im Laufe ihres Lebens erleben die meisten Menschen irgendwann Gefühle der Einsamkeit. Diese gehen in der Regel auch wieder vorüber. Dauern die Gefühle jedoch an, kann sich das negativ auf die Gesundheit auswirken.

Medizinische Expertise

Florian Kwauka

Mag. Florian Kwauka

Psychotherapeut, Integrative Gestalttherapie
Weimarer Straße 7/5, 1180 Wien
www.therapiepraxis-wien.at
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An sich ist Einsamkeit eine gesunde Stressreaktion, denn sie verweist darauf, dass es dem Menschen an sozialen Kontakt fehlt. Dauert das Gefühl der Einsamkeit jedoch über einen längeren Zeitraum an, hat dies zur Folge, dass die Stressreaktion chronisch wird. Der Körper beginnt das Stresshormon Cortisol auszuschütten, das langfristig die körpereigenen Abwehrkräfte schwächt und somit die Anfälligkeit für Infektionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigert. Des Weiteren können Erkrankungen, wie Alzheimer früher auftreten.

  • Dauern Gefühle der Einsamkeit dauerhaft an, können sie krank machen.
  • Unter Anspannung schüttet der Körper das Stresshormon Cortisol aus, das langfristig viele Funktionen des Organismus beeinträchtigen kann.
  • Oft wird Einsamkeit durch Veränderungen oder einschneidende Lebensereignisse hervorgerufen.
  • Das Thema Einsamkeit ist oft schambehaftet, weshalb es vielen Betroffenen schwer fällt, darüber zu sprechen.

FAQ (Häufige Fragen)

Welche Formen von Einsamkeit gibt es?

Man kann verschiedene Formen von Einsamkeit unterscheiden:

  • Soziale Einsamkeit: Wenn man sich nicht in ein soziales Netzwerk eingebunden fühlt. 
  • Kulturelle Einsamkeit: Wenn man sich nicht als Teil der Gesellschaft fühlt.
  • Emotionale Einsamkeit: Wenn man sich nach engen und vertrauensvollen Bindungen sehnt.
Was passiert bei zu viel Einsamkeit?

Verfestigt sich das Gefühl der Einsamkeit entsteht ein Leidensdruck und Stress, der psychisch wie physisch regelrecht krank macht. Die Menge des Stresshormons Cortisol, das unter Anspannung ausgeschüttet wird, steigt im Körper an, was viele Funktionen des Organismus beeinträchtigt.

Was tun, wenn man einsam ist?

Darüber zu reden hilft. Oft ist es auch schon hilfreich, kleine Schritte im Alltag zu setzen: 

  • Schon kurze oberflächliche Gespräche tun gut: Wieso also nicht zum Telefon greifen und sich bei jemanden melden, den man lange nicht angerufen hat. Oder man begibt sich unter Leute und beginnt ein kurzes Gespräch im Geschäft, beim Bäcker oder an der Supermarktkasse. 
  • Sport: Sport macht nicht nur Spaß, sondern tut auch Körper und Seele gut. Im Sportverein oder z.B. bei einem Kurs im Fitnessstudio können neue Kontakte entstehen. Zudem ist Kommunikation im Teamsport wichtig.
  • Hobbies: Buchclubs, Laien-Theatergruppen, Kochkurse oder Chöre – viele Freizeitaktivitäten bieten die Möglichkeit, sich mit anderen zusammen zu schließen. 
  • Sich selbst Gutes tun: Es hilft, etwas zu unternehmen, das man gerne macht, Stress reduziert und gut tut wie z.B. ein entspanntes Bad zu nehmen.

Einsamkeit wird als ein subjektives, schmerzhaftes Empfinden des Fehlens wichtiger sozialer Kontakte und Zugehörigkeit definiert. Es geht dabei unter anderem um das Bedürfnis nach Nähe, Geborgenheit und Verbundenheit.

Allein ist nicht unbedingt einsam

Auch wenn man von vielen Leuten umgeben ist und man gar nicht allein ist, kann dieses Gefühl auftreten, wenn man sich mit den Menschen nicht verbunden fühlt. Der Begriff des Alleinseins ist daher von Einsamkeit abzugrenzen. Alleinsein kann auch als positiv wahrgenommen werden, z.B. um sich Zeit für sich und seine eigenen Interessen zu nehmen. Einsamkeit wählt man hingegen nicht freiwillig. Es ist ein bedrückender Zustand, dem man gerne entfliehen möchte.

Formen von Einsamkeit

Man kann verschiedene Formen von Einsamkeit unterscheiden:

Soziale Einsamkeit Wenn man sich nicht in ein soziales Netzwerk eingebunden fühlt.
Kulturelle Einsamkeit Wenn man sich nicht als Teil der Gesellschaft fühlt.
Emotionale Einsamkeit Wenn man sich nach engen und vertrauensvollen Bindungen sehnt.

Eine Studie, die von der Caritas gemeinsam mit dem Forschungsinstitut Foresight (2023) durchgeführt wurde, ergab, dass sich rund 600.000 Menschen in Österreich mehr als die Hälfte der Zeit einsam fühlen. Einsamkeit trifft viele – unabhängig von Alter, sozialem Hintergrund und Einkommen. Und die Zahl der Betroffenen steigt weiter an. 

Menschen mit psychischer Erkrankung, wie Depression, Schizophrenie oder Sucht, haben es häufig schwer soziale Kontakte zu knüpfen. Ihr Freundeskreis ist meist sehr klein, wodurch Einsamkeit zu einem Leitsymptom werden kann.

Eine weitere Gruppe, die oft von Einsamkeit betroffen ist, sind ältere Menschen. Gründe dafür sind, dass sie nicht mehr so mobil oder ihre sozialen Kontakte durch verschiedene Erkrankungen eingeschränkt sind. Hinzu kommt noch, dass mit zunehmendem Alter, der Kreis der Bekannten und Freunde durch Erkrankung oder Tod verkleinert wird.

Festgestellt wurde zudem, dass auch Kinder und Jugendliche häufig mit Einsamkeit zu kämpfen haben. Gründe sind dafür oft Lebensereignisse, die Übergänge markieren – wenn sich das soziale Netz, das sie bisher aufgefangen hat, verändert (wie z.B. ein Aus- oder Umzug, Schulabschluss und Beginn einer Ausbildung).

Video: Einsamkeit

Johannes Gorbach von der "Plattform gegen Einsamkeit" informiert in seinem Onlinevortrag über Folgen und Bekämpfungsmaßnahmen von Einsamkeit. (05.12.2024)

Einsamkeit kann in allen Lebensphasen auftreten und entsteht, wenn die eigenen sozialen Beziehungen als unzureichend wahrgenommen werden – sowohl im Hinblick auf Quantität als auch Qualität. Neben dem empfundenen Mangel an engen Beziehungen können dabei auch Gefühle von fehlender Unterstützung, Vernachlässigung oder Ausgrenzung eine Rolle spielen. 

Oft werden Gefühle der Einsamkeit auch durch Veränderungen, Umbrüche oder einschneidende Lebensereignisse hervorgerufen. Zu Risikofaktoren zählen z.B.:

  • Umzug,
  • Jobwechsel,
  • Pensionsantritt,
  • Schulabschluss oder Schulwechsel,
  • Krankheiten,
  • Unfälle,
  • Todesfälle im nahen Umfeld,
  • Arbeitslosigkeit,
  • Armut,
  • Migration bzw. Flucht,
  • Gesellschaftliche Ereignisse wie z.B. die Corona-Pandemie

Urbanisierung und Digitalisierung als Gründe für Einsamkeit

Zwei Faktoren, die für das Zunehmen von Einsamkeit verantwortlich sind, sind Urbanisierung und Digitalisierung. Einerseits trägt die Urbanisierung ihren Teil dazu bei. So bringt das Leben in der Großstadt oft Anonymität und Vereinzelung mit sich. Verstärkt wird dies durch den Trend der späteren Eheschließung, späteren Geburt der Kinder und die daraus resultierende höhere Anzahl von Einzelhaushalten.

Der zweite Grund ist in der Digitalisierung zu finden. Der vermehrte Gebrauch der digitalen Medien führt bei den Jugendlichen häufig zu Unzufriedenheit und Einsamkeit, denn in den sozialen Medien sehen die Jugendlichen die idealisierte Darstellung der Anderen. Sie beginnen, sich mit ihnen zu vergleichen. Dies kann dazu führen, dass sie sich nicht attraktiv oder beliebt genug fühlen und somit aus ihrem sozialen Umfeld zurückzuziehen. Es entsteht ein Teufelskreis, denn einsame Menschen nützen häufiger soziale Medien, wodurch die negativen Gefühle verstärkt werden.

Glaube an Einsamkeit führt zur Isolation

Der Glaube daran, in der Zukunft sozial isoliert zu sein, führt dazu, dass Menschen beginnen, ihre sozialen Kontakte anders wahrzunehmen. Dies hat zur Folge, dass sie ihr Verhalten gegenüber ihren Freunden und Bekannten verändern und sich immer mehr zurückziehen. Die Situation wird zusätzlich noch verschärft, indem das Umfeld diese Veränderung wahrnimmt, als Abweisung interpretiert und aufgrund dessen weniger Kontakt sucht.

Einsame Menschen befinden sich häufig in einer schlechteren gesundheitlichen Verfassung als Personen, die nicht von Einsamkeit betroffen sind. Man geht von einem wechselseitigen Zusammenhang aus: Krankheit macht einsam, Einsamkeit macht aber auch krank. 

Verfestigt sich das Gefühl der Einsamkeit, entsteht ein Leidensdruck und Stress, der psychisch wie physisch regelrecht krank macht. Die Menge des Stresshormons Cortisol, das unter Anspannung ausgeschüttet wird, steigt im Körper an, was viele Funktionen des Organismus beeinträchtigt. So kann sich der Körper schlechter gegen Entzündungen wehren und der Stoffwechsel gerät aus dem Takt. Dies kann körperliche Symptome, wie z.B. Schlafstörungen verursachen.  

Oft führen Betroffene auch einen ungesunden Lebensstil, der von vermehrtem Nikotin-, Alkohol- oder Drogenkonsum, ungesundem und übermäßigem Essen und zu wenig körperlicher Aktivität geprägt ist. Es handelt sich dabei um Bewältigungsstrategien einsamer und depressiver Menschen. Es ist eine Form der Kompensation, um mit der Einsamkeit umzugehen. Dazu gesellen sich noch Computerspiele, Serien Binge Watching und Video Shorts (Reels, Youtube Shorts, etc.).

Zu möglichen Folgen von Einsamkeit gehören:

  • Körperliche Anzeichen von chronischem Stress
  • Erhöhtes Risiko für Depressionen und Suizidalität
  • Erhöhtes Risiko für Angststörungen
  • Erhöhtes Risiko für verminderte kognitive Fähigkeiten, Demenz
  • Erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall

Oft führen Betroffene auch einen ungesunden Lebensstil, der von vermehrtem Nikotin-, Alkohol- oder Drogenkonsum, ungesundem und übermäßigem Essen und zu wenig körperlicher Aktivität geprägt ist. Es ist eine Form der Kompensation, um mit der Einsamkeit umzugehen.

Mag. Florian Kwauka, Psychotherapeut

Darüber zu reden, hilft. Doch leider ist Einsamkeit ein schmerzvolles und eher schambehaftetes Thema. Betroffenen fällt es häufig schwer, über ihre Einsamkeit zu sprechen, weil es ihnen unangenehm ist. Schafft man es nicht, sich einer nahestehenden Person im eigenen Umfeld anzuvertrauen, kann hier z.B. "das Plaudernetz" der Caritas weiterhelfen. Es steht unverbindlich, anonym und jederzeit zur Verfügung, wenn man jemanden zum Reden braucht. 

Um Einsamkeit zu überwinden ist es oft auch schon hilfreich, kleine Schritte im Alltag zu setzen: 

  • Schon kurze oberflächliche Gespräche tun gut: Wieso also nicht zum Telefon greifen und sich bei jemanden melden, den man lange nicht angerufen hat. Oder man begibt sich unter Leute und beginnt ein kurzes Gespräch im Geschäft, beim Bäcker oder an der Supermarktkasse. 
  • Sport: Sport macht nicht nur Spaß, sondern tut auch Körper und Seele gut. Im Sportverein oder z.B. bei einem Kurs im Fitnessstudio können neue Kontakte entstehen. Zudem ist Kommunikation im Teamsport wichtig.
  • Hobbys: Buchclubs, Laien-Theatergruppen, Kochkurse oder Chöre – viele Freizeitaktivitäten bieten die Möglichkeit, sich mit anderen zusammenzuschließen. 
  • Sich selbst Gutes tun: Es hilft, etwas zu unternehmen, das man gerne macht, Stress reduziert und gut tut, wie z.B. ein entspanntes Bad zu nehmen oder sich seinen Lieblingsfilm anzusehen.

Die Initiative "Plattform gegen Einsamkeit" bietet Betroffenen in verschiedenen Bundesländern Beratung, Unterstützung und vielfältigen Angebote, um neue Kontakte zu knüpfen und sich zu vernetzen z.B. bei regelmäßigen gemeinsamen Spaziergängen.


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