Blutungen bei großen Operationen sind zahlenmäßig viel häufiger, als jene durch angeborene Gerinnungsstörungen. Bei jeder Operation geht unweigerlich Blut verloren, weil Gefäße geöffnet werden. Bei großen Operationen kann ein schwerer Blutverlust auftreten. Wenn zu viel Blut verloren wurde, bleibt zu wenig patienteneigenes Blut übrig
- Symptome / Verlauf
- Diagnose
- Therapie
Wenn der Füllstand in den Blutgefäßen durch die Blutung sinkt, behilft sich der Körper mit Kompensationsmechanismen. Wenn diese ausgeschöpft sind, wenn zu viele Sauerstofftransportträger verloren gehen (rote Blutkörperchen, Blutfarbstoff), dann drohen Minderdurchblutung lebenswichtiger Organe und Schock.
Im Verlauf der schweren Blutung gesellen sich zum Verlust an Gerinnungsfaktoren und Blutplättchen aus eröffneten Blutgefäßen Gerinnungsstörungen hinzu. Diese während der Operation erworbenen Blutgerinnungsstörungen haben viele mögliche Ursachen, wie:
- Abfall an Gerinnungsfaktoren und Blutplättchen durch Verbrauch und Verdünnung als Folge von Infusionen zur Herz-Kreislaufstabilisierung,
- überschießende Gerinnselauflösung,
- Hemmung der Blutgerinnung durch Kälte, Elektrolyt-, Säure-Basen-Störungen im Blut als Folge der Minderdurchblutung.
Die während der Operation erworbene Blutgerinnungsstörung steigert ihrerseits den Blutverlust, weil der Körper nicht mehr in der Lage ist, geöffnete Blutgefäße mit einem Gerinnsel abzudichten und damit die Blutung zu stoppen. Ohne Therapie kann dieser Teufelskreis zum Tod durch Verbluten und Schock führen.
Der verringerte Füllstand der Blutgefäße kann durch Messmethoden erkannt werden, die aus der Intensivmedizin stammen. Der reduzierte Gehalt an rotem Blutfarbstoff kann im Blutbild im Labor oder vor Ort in der Blutgasanalyse diagnostiziert werden. Die häufigsten Ursachen der erworbenen Blutgerinnungsstörung können innerhalb weniger Minuten mit einer Labormethode auseinandergehalten werden, welches die Zähflüssigkeit des Blutes bei der Gerinnselbildung misst. Eine andere Labormethode misst zudem die Fähigkeit der Blutplättchen zum Zusammenklumpen. Auch konventionelle Labortests können bei der Diagnose helfen, allerdings stehen die Befundergebnisse meistens frühestens nach einer ¾ Stunde zur Verfügung. Bei schwerer Blutung ist das zu spät.
Der erniedrigte Füllstand in den Adern kann durch Infusionen behandelt werden, z. B. von Elektrolytlösungen oder kolloidale Flüssigkeiten, also Flüssigkeiten mit fein verteilten, großen Molekülen. Bei geringerem Gehalt an rotem Blutfarbstoff wurde früher nur Fremdblut transfundiert. Selbst die qualitativ hochwertig hergestellten Blutkonserven in Österreich haben aber potenzielle Risiken, die sogar zu einer höheren Sterblichkeit auch noch Jahrzehnte nach der Bluttransfusion führen können. Daher wird in den letzten Jahren der sichereren Methode des Patientenblut-Managements (PBM) der Vorzug gegeben und Bluttransfusion nur noch dann verordnet, wenn es wirklich keine Alternative gibt.
Blutgerinnungsstörungen werden gezielt behandelt nach dem Motto: „geben, was fehlt“. Wenn also zum Beispiel Gerinnungsfaktor Nummer 1 (Fibrinogen) zu tief abgefallen ist, dann wird Fibrinogen als Konzentrat zugeführt bis zu einem minimal erforderlichen Spiegel. Wenn die Gerinnselauflösung überschießend ist, dann wird ein Medikament verabreicht, das genau diese hemmt. Der Betroffene kann während der Operation nichts beitragen; aber vor einer großen Operation können sämtliche Maßnahmen von PBM unterstützt werden, um den eigenen Körper bestmöglich auf die blutige Operation vorzubereiten.