Seit Jahrtausenden wird die Hanfpflanze von Menschen genutzt. Aus den Fasern werden Seile, aus den Samen Öl hergestellt. Aus den getrockneten Blättern und Blüten wird Rauschmittel wie Marihuana gewonnen. Das Thema Cannabis regt zur Diskussion an: Einerseits wird es als potentielles Allheilmittel betrachtet, andererseits die Gefahr des Missbrauchs als Droge befürchtet. Cannabis ist in Österreich eigentlich illegal. Bestimmte Auszüge aus der Pflanze dürfen aber, streng reguliert, von Ärzt:innen verschrieben werden. Andere Länder handhaben medizinisches Cannabis wesentlich lockerer und erlauben den Konsum der ganzen Pflanze. Lesen Sie hier gesundheitliche und rechtliche Aspekte von Cannabis als Medizin im Überblick!
Zusammenfassung
- Die Wirkung von Cannabis und dessen Einsatz in der Medizin ist mittlerweile nicht mehr umstritten.
- In Österreich dürfen synthetisch hergestellte Cannabis-Wirkstoffe, auch Auszüge aus der Hanfpflanze wie Dronabinol, per Rezept verschrieben werden.
- Cannabis-Arzneimittel wirken sowohl auf psychischer als auch auf körperlicher Ebene.
- Sie können bei der Behandlung verschiedener Krankheiten oder Beschwerden zum Einsatz kommen z.B. bei chronischen Schmerzen, schweren Depressionen oder Multiple Sklerose u.v.m.
Hanfblüten zu rauchen, beschreibt den freizeitmäßigen Gebrauch der Cannabispflanze. Durch einen Verbrennungsprozess werden verschiedene Inhalts- und Wirkstoffe der Pflanze freigesetzt. Dabei entstehen Verbrennungsrückstände, die die Atemwege schädigen. Cannabiskonsum ist in Österreich aufgrund des Suchtmittelgesetzes illegal. Für den medizinischen Gebrauch ist derzeit ein Arzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen zugelassen. Synthetisch hergestellte (Einzel-) Wirkstoffe der Cannabispflanze, wie THC, dürfen per Rezept verschrieben werden.
Zwar ist Cannabis in Österreich eigentlich illegal, bestimmte Auszüge aus der Pflanze dürfen aber, streng reguliert, von Ärzt:innen verschrieben werden. Cannabis-Wirkstoffe in der Medizin sind legal ausschließlich in Apotheken und nur auf Rezept erhältlich.
Bei diesen Beschwerden und Krankheiten können Cannabinoide bei der Behandlung zum Einsatz kommen:
- Chronische Schmerzen
- Phantomschmerzen (nach Amputation)
- Schwere Depressionen, die nicht auf herkömmliche Antidepressiva ansprechen
- Schwere Angststörungen
- Bipolare Störungen
- ADHS
- Burnout
- Spastiken
- MS (Multiple Sklerose)
- Krebserkrankungen
- Übelkeit und Erbrechen (z.B. bei Chemotherapie, HIV)
- Epilepsie
- Tourette-Syndrom
- Grüner Star (Glaukom)
- Arthritis
- Endometriose
- u.a.m.
Eine behandelnde Ärzt:in kann feststellen, ob Cannabismedikamente für Sie in Frage kommen. Bei der Verschreibung wird die Krankengeschichte, vorangegangene Therapien, etc. mit berücksichtigt. Auch in der Homöopathie kann es eingesetzt werden.
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Cannabismedikamente wirken sowohl auf körperlicher als auch auf psychischer Ebene:
- Hellen Stimmung auf
- Hemmen Schmerzen
- Reduzieren Stress
- Entspannen Muskeln
- Erweitern die Bronchien
- Senken den Augeninnendruck
- Fördern Appetit / hemmen Übelkeit
- Wirken auf das vegetative Nervensystem
Für einen therapeutischen Erfolg fließen mehrere dieser Aspekte ein. Bei chronischen Schmerzen wirkt das Medikament direkt auf die Nervenleitbahnen, indem Schmerzimpulse gehemmt und die Muskeln entspannt werden. Gleichzeitig wird auch die Stimmung verbessert, was zu einem besseren Umgang mit der Schmerzerkrankung auf einer psychischen Ebene führt. Langfristig treten so Schmerzen oft auch nach Therapie-Ende seltener oder sogar gar nicht mehr auf. Der Grund: Der Körper war jahrelang Schmerzen gewohnt und hat ein "Schmerzgedächtnis" entwickelt. Dieses kann durch die psychische Wirkung von Cannabismedikamenten wieder verbessert werden.
Eine wichtige Rolle bei der Wirkung von Cannabisarzneimitteln auf den Körper spielt das Endocannabinoidsystem – ein körpereigenes Kommunikationsnetzwerk, das in vielen Organen und Geweben vorkommt. Es hilft dem Körper, sein inneres Gleichgewicht – die Homöostase – aufrechtzuerhalten. Dazu nutzt es körpereigene Botenstoffe (Endocannabinoide), spezielle Rezeptoren (CB1 und CB2) und Enzyme, die diese Stoffe auf- und abbauen. Endocannabinoide und Cannabinoide wirken, indem sie CB1 und CB2-Rezeptoren aktivieren.
Das Rauchen von Cannabiswirkstoffen ist die ungesündeste Darreichungsform und wird daher medizinisch nicht empfohlen.
So wird Cannabismedizin eingenommen:
- In Öl gelöst tröpfchenweise auf die Zunge gelegt
- In Kapseln zum Schlucken abgefüllt
- Orale Sprays
- Verdampft und inhaliert
Im freizeitmäßigen Gebrauch schätzen Nutzer:innen die psychoaktive Wirkung, die Hanfblüten ihnen liefern. Im therapeutischen Gebrauch sind Cannabiswirkstoffe so dosiert, dass diese berauschende Wirkung gar nicht oder nur in stark abgeschwächter Form auftritt. Cannabismedikamente machen auch nach jahrelangem Gebrauch nicht süchtig. Meist ist medizinisches Cannabis so dosiert, dass es kaum zu einer Beeinträchtigung kommt.
Im therapeutischen Gebrauch sind Cannabiswirkstoffe so dosiert, dass die berauschende Wirkung gar nicht oder nur in stark abgeschwächter Form auftritt. Cannabismedikamente machen auch nach jahrelangem Gebrauch nicht süchtig.
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Cannabis kann prinzipiell von jeder Haus- oder Fachärzt:in verschrieben werden. Häufig sind es Patient:innen, die auf ihre Ärzt:in zukommen mit der Bitte, ihnen Cannabismedikamente zu verschreiben. Oft haben sie schon einen langen Therapieweg mit mäßigem oder gar keinem Erfolg hinter sich und sind deshalb bereit, ungewöhnliche Ansätze auszuprobieren. Für viele stellen Cannabismedikamente eine letzte Möglichkeit dar.
Manchmal schlagen auch Ärzt:innen diese Therapie vor, wenn herkömmliche Medikamente nicht zu wirken scheinen. Sie stellen dann ein speziell gekennzeichnetes Suchtmittelrezept aus, über das Patient:innen maximal ein Monatsvorrat an Cannabismedikamenten beziehen können. Dieses Privatrezept kann in allen Apotheken eingelöst werden.
Bei manchen Beschwerden und Erkrankungen wirken Cannabismedikamente besser als herkömmliche Medikamente und/oder haben weniger Nebenwirkungen. Dennoch werden sie vergleichsweise selten verschrieben. Einerseits besteht noch Aufklärungsbedarf über Cannabismedikamente: THC und andere Wirkstoffe sind mit vielen Vorurteilen verbunden, die Ärzt:innen und Patient:innen verunsichern. Seitens der MedUni Wien (2021) wurde festgehalten, dass Cannabis zwar ernomes medizinisches Potential aufweise, wichtige Studien aber noch fehlen.
Die Einflüsse des Cannabiskonsums auf den Blutzucker sind beispielsweise noch nicht vollständig geklärt. Es wird betont, dass es noch mehr evidenzbasierte wissenschaftliche klinische Studien benötigt. Manche Ärzt:innen befürchten auch, durch das Verschreiben von Cannabismedizin ihrem Ruf zu schaden und so andere Patient:innen zu verlieren.
Cannabismedikamente sind in den meisten Fällen Privatleistung. Ein Monatsvorrat kostet zwischen 150 und 500 Euro, je nach verschriebenem Präparat und Dosierung.
In Fällen schwerwiegender, chronischer Erkrankungen übernehmen Krankenkassen manchmal auf Anfrage die Kosten. Sie entscheiden von Fall zu Fall separat. Geschätzt erhalten cirka 35 % der Patient:innen Cannabismedikamente über Krankenkassen.
Cannabis kann in jeder Altersgruppe eingesetzt werden. Bei Kindern mit Tourette-Syndrom oder manchen heftigen epileptischen Erkrankungen wirken Cannabinoide sehr effektiv. Niedriger dosiert kann es bereits bei Kleinkindern angewandt werden. Auch im hohen Alter (in der Geriatrie) kann Cannabismedizin bedenkenlos eingesetzt werden.
Wie viele andere Medikamente auch, sind Cannabiswirkstoffe nicht für alle Menschen geeignet. Diese Personengruppen sollten Cannabismedizin in der Regel nicht verwenden:
- Schwangere Frauen
- Stillende Frauen
- Menschen mit schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Menschen mit Psychosen (bedingt)
Eine genaue Absprache mit der behandelnden Ärzt:in ist hier entscheidend.
In den USA ist es Sache der einzelnen Bundesländer, ob Cannabis (als Medizin) legal ist. In manchen Bundesländern ist die gesamte Cannabispflanze – nicht nur einzelne Wirkstoffe – (medizinisch) erlaubt.
Innerhalb der EU ist Cannabis unterschiedlich reguliert. In Deutschland zum Beispiel ist es seit 2017 gesetzlich möglich, dass Patient:innen Cannabisarzneimittel (mit den Wirkstoffen Dronabinol oder 9-THC) auf ärztliche Verschreibung erhalten. Ebenso können medizinische Hanfblüten (Medizinalcannabis) verschrieben werden. So sollte schwerkranken Menschen der Zugang zu Cannabis im behandlungsvertraglichem Rahmen erleichtert werden.
Viele Befürworter:innen der Cannabismedizin in Österreich fordern, dass die gesamte Cannabispflanze therapeutisch eingesetzt werden darf – und nicht nur hergestellte Einzelwirkstoffe. Dadurch würden therapeutische Effekte weiter gesteigert werden.
- Bundesministerium für Gesundheit: "Cannabis als Medizin" - Fragen und Antworten zum Gesetz (07.10.2025)
- Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin: Cannabis als Medizin (07.10.2025)
- Bundesärztekammer: Patienteninformation: Cannabis aus medizinischen Gründen (07.10.2025)
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: Medizinisches Cannabis (07.10.2025)
- MedUni Wien: Cannabis in der Medizin (07.10.2025)
- AGES: Hanf unter der Lupe (07.10.2025)
- PraktischArzt.at: Cannabis als Medizin in Österreich (07.10.2025)
- Kalapa Deutschland: Endocannabinoid-System (11.12.2025)