Inter* (Inter*sex, Inter*geschlechtlichkeit)

Eine inter* Person sitzt auf den Schultern einer zweiten Person und hält eine Pride Flagge
Seit 2018 ist Inter*geschlechtlichkeit in Österreich als dritte Geschlechtskategorie anerkannt.
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Wir leben in einer Gesellschaft, die nach wie vor von der Vorstellung geprägt ist, dass es nur zwei Geschlechter gibt: Mann und Frau. Doch was ist, wenn ein Mensch "dazwischen" liegt – wenn ein Mensch inter* ist?

Medizinische Expertise

Michael Peintner

Mag. Michael Peintner

Psychotherapeut, Sexual- und Traumatherapeut, Experte und Referent für queere Themen
Schillerstrasse 20, 6020 Innsbruck
www.michaelpeintner.com
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Inhaltsverzeichnis

Inter* Personen weisen körperliche Merkmale auf, die nicht eindeutig als "männlich" oder "weiblich" definiert werden können oder auch typisch für beide Geschlechter sind. Geschlechter sind vielfältig und mehrdimensional: auf biologischer, medizinischer, sozialer, rechtlicher und subjektiv empfundener Ebene. Gesellschaftlich ist das Thema jedoch noch nicht umfassend anerkannt. Die vorherrschende Norm der Zweigeschlechtlichkeit stellt inter*geschlechtliche Menschen in ihrem alltäglichen Leben vor besondere Herausforderungen.

  • Als inter* werden Menschen bezeichnet, die nicht eindeutig den medizinischen Normen von "männlichen" oder "weiblichen" Körpern entsprechen.
  • Inter* Personen stellt das in der Gesellschaft gängige Schema der Zweigeschlechtlichkeit vor viele Herausforderungen.
  • Sie sind häufig von Diskriminierung und einem Anpassungsdruck betroffen.
  • Lange Zeit wurde Geschlechtervielfalt nicht thematisiert. Bis heute werden geschlechtsangleichende Behandlungen durchgeführt, die medizinisch nicht notwendig sind. 
  • Seit 2018 haben Inter* Menschen in Österreich die Möglichkeit, "inter/divers" als Geschlechtseintrag zu wählen.

FAQ (Häufige Fragen)

Was bedeutet inter*?

Inter* Personen weisen körperliche Merkmale auf, die nicht eindeutig als "männlich" oder "weiblich" definiert werden können oder auch typisch für beide Geschlechter sind.

Welche Geschlechtsorgane haben Inter*geschlechtliche Menschen?

Inter* Personen können sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsmerkmale aufweisen. Inter*geschlechtlichkeit ist als ein breites Spektrum von angeborenen Variationen der Geschlechtsmerkmale zu sehen, die sich zeigen können in:

  • den inneren und äußeren Geschlechtsorganen, 
  • den Gonaden (Keimdrüsen),
  • den Chromosomen,
  • den Hormonen,
  • den sekundären Geschlechtsmerkmalen (wie Brüste, Körperbehaarung, Körperformen, Muskeln, Stimme, …)
Ist inter* das Gleiche wie trans*?

Während Inter* Personen nicht eindeutig weibliche oder männliche Geschlechtsmerkmale aufweisen, fühlen sich Trans* Personen dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht nicht zugehörig, d.h., dass der biologische Körper mit dem subjektiv erlebten Geschlechtsempfinden nicht zusammenpasst.

In unterschiedlichen Forschungsgebieten wird untersucht, was Geschlecht überhaupt ist. In den Gesellschaftswissenschaften werden viele verschiedene Arten beschrieben, wie Geschlecht entsteht und erlebt wird. Auch die Medizin und Biologie kennt mehr als zwei Geschlechter. Zahlreiche Einflussfaktoren aus Zelle, Organismus und Umwelt sind an der Entwicklung des körperlichen Geschlechts involviert. So wurde festgestellt, dass etwa 1.000 Gene in der Zeit der Embryonalentwicklung im Bereich der sich ausbildenden Genitalien exprimiert werden. Im Grunde waren alle Menschen einmal von der Befruchtung bis zur 7./8. Schwangerschaftswoche inter*geschlechtlich. Denn: die geschlechtliche Differenzierung (mit all den Varianten) beginnt erst in der 7./8. Schwangerschaftswoche. Vorher ist "lediglich" ein einheitliches undifferenziertes urogenitales System vorhanden.

Als inter* oder inter*geschlechtlich werden Menschen bezeichnet, deren Körper nicht klar den medizinischen Normen von "männlichen" oder "weiblichen" Körpern entsprechen. Sie können sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsmerkmale aufweisen.

Inter*geschlechtlichkeit ist als ein breites Spektrum von angeborenen Variationen der Geschlechtsmerkmale zu sehen, die sich zeigen können in:

  • den inneren und äußeren Geschlechtsorganen, 
  • den Gonaden (Keimdrüsen),
  • den Chromosomen,
  • den Hormonen,
  • den sekundären Geschlechtsmerkmalen (wie Brüste, Körperbehaarung, Körperformen, Muskeln, Stimme, …)

Viele Menschen wissen lange Zeit nicht, dass sie inter*geschlechtlich sind. Inter*geschlechtlichkeit kann sich in allen Lebensphasen äußern:

  • vor oder bei der Geburt
  • in der Kindheit
  • im Jugendalter bzw. in der Pubertät
  • im Erwachsenenalter
Mag. Michael Peintner, Psychotherapeut, Sexual- und Traumatherapeut, Experte und Referent für queere Themen

Im Grunde waren alle Menschen einmal von der Befruchtung bis zur 7./8. Schwangerschaftswoche inter*geschlechtlich. Denn: die geschlechtliche Differenzierung (mit all den Varianten) beginnt erst in der 7./8. Schwangerschaftswoche.

Mag. Michael Peintner, Psychotherapeut, Sexual- und Traumatherapeut, Experte und Referent für queere Themen

Während Inter* Personen nicht eindeutig weibliche oder männliche Geschlechtsmerkmale aufweisen, fühlen sich Trans* Personen dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht nicht zugehörig, d.h., dass der biologische Körper mit dem subjektiv erlebten Geschlechtsempfinden nicht zusammenpasst. Seit 2022 gilt laut WHO die Trans*geschlechtlichkeit nicht mehr als psychische Störung.

Zu beachten ist, dass Identität und Körper nicht dasselbe sind. Inter* Menschen können unterschiedliche Geschlechtsidentitäten haben. Sie können sich als trans* oder auch als nicht-binär definieren. Im Gegensatz zu Trans* Personen, können sie sich aber auch mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren. 

Füllt eine Person ein Formular aus wird meist, noch bevor der Namen angeführt wird, nach der Anrede gefragt. Für viele Leute stellt die Angabe, ob sie "weiblich" oder "männlich" sind, kein Problem dar. Inter*geschlechtliche Menschen empfinden sich aber oft nicht nur als "Mann" oder "Frau". Sie werden gezwungen, sich auf eine Geschlechtskategorie festzulegen. Auch die Frage, welche Toilette oder welche Umkleide sie nutzen sollen, ist für Inter* Personen (wie auch für trans*, nichtbinäre, genderfluide oder agender Menschen) oft nicht so einfach zu beantworten. So können Alltagssituationen zu Herausforderungen werden, wenn nur zwei Geschlechteroptionen vorgesehen sind. 

Geschlechtervielfalt wurde lange Zeit nicht thematisiert. Viele Menschen denken auch heute noch, dass es nur zwei Geschlechter gibt, nämlich "Mann" und "Frau". Und jede:r gehört entweder in die eine oder in die andere Schublade. Kategorien können das gesellschaftliche Leben vereinfachen. Inter* Personen werden in diesem binärem Schema jedoch unsichtbar gemacht. Sie müssen sich oft ihr ganzes Leben lang mit der gesellschaftlichen Norm der Geschlechter auseinandersetzen. Da die konventionellen Rollenvorstellungen von Frau und Mann zu kurz greifen, sind sie mit der Aufgabe konfrontiert, ein eigenes Selbstverständnis für sich zu entwickeln. Der Selbstfindungsprozess ist für Betroffene meist schwierig und lang. 

Menschen, die von üblichen gesellschaftlichen Vorstellungen abweichen, waren und sind leider immer wieder von Diskriminierung und einem Anpassungsdruck betroffen. Viele verschweigen daher ihre geschlechtlichen Variationen, versuchen sich an ihre zugewiesene Geschlechterrolle anzupassen – und leiden in der Folge an psychischen und psychosomatischen Erkrankungen.

Üblicherweise wird direkt nach der Geburt vom medizinischen Fachpersonal das Geschlecht des Babys festgestellt. Kommt ein inter*geschlechtliches Kind zur Welt, kann bei der Frage, welches Geschlecht eingetragen werden soll, bei den Eltern ein gewisser Druck und Unsicherheit entstehen. Oft fehlt es in diesen Situationen an professioneller Beratung und Unterstützung. 

Bis heute kommt es vor, dass an inter*geschlechtlichen Kindern geschlechtszuweisende hormonelle oder chirurgische Eingriffe vorgenommen werden:

  • ohne umfassende Aufklärung
  • ohne Zustimmung der betroffenen Person (die Eingriffe passieren häufig im Säuglingsalter) 
  • und ohne, dass dafür eine medizinische Notwendigkeit besteht. 

Da sich inter*geschlechtliche Variationen im internationalen Krankheitsindex (ICD-11) als Diagnosen finden lassen, sind diese Interventionen, unter dem Eindruck Heilbehandlungen zu sein, rechtlich möglich. Menschenrechtsbasierte Forschung, Organisationen und Interessensvertretungen weisen jedoch darauf hin, dass diese Eingriffe dem Menschenrecht auf Unversehrtheit des Körpers widersprechen und für Betroffene traumatisierend sind.

Obwohl sie sich weder als "männlich" noch als "weiblich" identifizieren, leben viele inter*geschlechtliche Personen heute offiziell als Mann oder als Frau. Der Grund dafür ist, dass es bis vor wenigen Jahren (2018) nur die beiden Optionen gab. Von Betroffenen wurde zunehmend die Möglichkeit eingefordert, Dokumente zu bekommen, die Ihrer Identität entsprechen. 

In Österreich ist Inter*geschlechtlichkeit mittlerweile als dritte Geschlechtskategorie anerkannt. Dies bietet inter*geschlechtlichen Personen die Möglichkeit, "inter/divers" als Geschlechtseintrag zu wählen.

Um Inter* Personen zu unterstützen, ist es wichtig, ihre Lebensrealitäten zu kennen und ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie gesellschaftliche Geschlechterbilder das Aufwachsen und die Entwicklung prägen – und was das für den Alltag von inter*geschlechtlichen Personen bedeuten kann. 

Es hilft, etablierte Geschlechterbilder zu hinterfragen sowie auch das eigene Denken und Handeln zu überprüfen und gegebenenfalls zu verändern. Eine geschlechtsneutrale Anrede, Unisex-Toiletten, eine geschlechtersensible Sprache – schon kleine Veränderungen können viel bewirken. Dazu gehört z.B. auch, die Menschen zu fragen, mit welchem (Vor)namen und welchem Pronomen sie angesprochen werden möchten. Geschlechtervielfalt mitzudenken und Inter* Identitäten zu normalisieren, schafft eine wichtige Repräsentation und kann Betroffenen den Alltag erleichtern. Es sendet ein wichtiges Zeichen der Akzeptanz und signalisiert: "Du bist hier willkommen!"

Für Inter* Personen oder Angehörige sowie für Organisationen und Unternehmen steht die VAR.GES als Anlaufstelle zur Verfügung. Sie bietet Beratung und Unterstützung für einen positiven Umgang mit körperlicher Vielfalt und setzt sich dafür ein, ein inklusives gesellschaftliches Umfeld zu schaffen. 

Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz hat zwei wichtige Publikationen veröffentlicht, die vor allem durch die aktive Beteiligung der österreichischen Selbstvertretungsorganisation VIMÖ (Verein intergeschlechtliche Menschen Österreichs) zustande kamen:

  • 2019: Empfehlungen zu Varianten der Geschlechtsentwicklung
  • 2024: Empfehlungen zu Behandlung von Kindern mit VdG

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