Ernährung bei Rheuma

Lachs hilft bei Rheuma
In fettem Fisch, wie z.B. Lachs stecken viele Omega-3-Fettsäuren, die in der Ernährung bei Rheuma nicht fehlen dürfen.
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Nahezu 2 Millionen Österreicher sind Rheumatiker. Rheuma betrifft alle Altersgruppen und hat etwa 100 unterschiedliche Krankheitsbilder, es gibt nicht-entzündliche und entzündliche Formen.

Medizinische Expertise

Thomas Stulnig

Univ.-Prof. Dr. Thomas Stulnig

Facharzt für Innere Medizin, Experte für Stoffwechsel und Hormone, 3. Medizinische Abteilung mit Stoffwechselkrankheiten und Nephrologie, Krankenhaus Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel
Borschkegasse 7/4, 1090 Wien
www.stulnig.at
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Am häufigsten ist die chronische Polyarthritis, eine entzündliche Erkrankung der Gelenkinnenhaut. Durch eine entsprechende Ernährung, vor allem durch eine Veränderung der Fettzusammensetzung (z.B. Omega-3-Fettsäuren in Fisch), kann die Erkrankung zwar nicht geheilt, aber deutlich gelindert werden.

  • Unter dem Begriff Rheuma werden verschiedenste Krankheiten des Bewegungsapparates zusammengefasst. Die häufigste davon ist die chronische Polyarthritis.
  • Zu empfehlen ist eine möglichst fettarme Ernährung, insbesondere auf fettes Fleisch und Wurst sollte man verzichten.
  • Eine positive Auswirkung haben sogenannte Omega-3-Fettsäuren, die unter anderem in frischen Meeresfischen wie beispielsweise Lachs enthalten sind.
  • Eine obstreiche Ernährung, regelmäßiger Sport und ein weitgehender bis vollständiger Verzicht auf Zigaretten und Alkohol sind ebenfalls anzuraten.

 

Video: Die Rheuma-Patientin erlebt anders: Unterschiede in Erkrankung, Diagnose und Therapie

Dr. Antonia Puchner (Universitätsklinik für Innere Medizin III – Klinische Abteilung für Rheumatologie, Medizinische Universität Wien) zeigt in ihrem Webinar auf, welche frauenspezifischen Besonderheiten Rheuma aufweisen kann. (Webinar, 30.5.2022)

Im Zuge einer rheumatoiden Arthritis werden übermäßig Botenstoffe ausgesendet, die Entzündungsreaktionen im betroffenen Gelenk verursachen und dieses zerstören können. Prostaglandine und Leuko­triene sind solche Botenstoffe. Die Botenstoffe entstehen aus der Fettsäure Arachidonsäure (AA), die durch die Nahrung zugeführt wird.

Arachidonsäure und deren Vorstufen, die sogenannten Omega-6-Fettsäuren, können vom Körper selbst nicht gebildet werden, sondern werden ausschließlich mit der Nahrung zugeführt. Daher lässt sich die Konzentration der Arachidonsäure durch die Ernährung beeinflussen. Enthält die Nahrung viel Arachidonsäure und andere Omega-6-Fettsäuren wie Linolsäure, dann werden auch mehr Entzündungsstoffe gebildet. Arachidonsäure ist reichlich im Fett tierischer Nahrungsmitteln enthalten und damit besonders in fetten Fleisch- und Wurstwaren. Der Körper benötigt Omega-6-Fettsäuren für die Aufrechterhaltung von Zellen und Nerven, sie sind wesentlicher Bestandteil der Zellmembranen.

Linolsäure ist im Gegensatz zu Arachidonsäure vor allem in pflanzlichen Fetten und Ölen zu finden, und hat selbst keinen Einfluss auf die Entstehung von Entzündungen hat, sofern Sie nicht in Arachidonsäure umgewandelt wird. "Schuld" am Entzündungsprozess ist die in den Zellmembranen, durch tierische Nahrung zugeführte Arachidonsäure. Sie wird mithilfe von Enzymen zu entzündungsfördernden Substanzen, wie Prostaglandine oder Leukotriene "umgebaut".

Pro Tag empfehlen Ernährungsgesellschaften eine maximale Zufuhr von 50 mg Arachidonsäure. Diese ist besonders reichlich in folgenden Lebensmitteln enthalten:

  • Schweineschmalz (1700 mg/100 g)
  • Schweinsleber (870 mg/100g)
  • Eigelb (297 mg/100g)
  • Huhn (120 mg/100g)
  • Schinken (130mg/100 g)
  • Wurst (120 mg/100g)

Fazit: Je weniger Arachidonsäure durch die Kost zugeführt wird, desto weniger häufig kommt es zu Entzündungen. Ein Verzicht auf fettes Fleisch, Wurst und andere tierische Fettlieferanten zugunsten einer vegetarischen oder lactovegetabilen (vegetarisch + Milch/produkte) Ernährung beeinflusst daher die Rheumaerkrankung günstig. Gemüse, Obst und Nüsse hingegen enthalten keine, Milchprodukte nur wenig Arachidonsäure. Also: Je weniger Arachidonsäure durch die Kost zugeführt wird, desto weniger häufig kommt es zu Entzündungen.

Omega-3-Fettsäuren sind wichtige entzündungshemmende Nahrungsbestandteile. Sie fördern u.a. die Bildung einer Gruppe von schmerzhemmenden Prostaglandinen (Gewebshormone). Zudem verhindern Omega-3-Fettsäurend die Bildung von Arachidonsäure und verdrängen die überschüssige Arachidonsäure aus den Membranen.

Besonders langkettige Omega-3-Fettsäuren, wie sie in Fischölen enthalten sind, haben positive Wirkungen. Hier sind vor allem die beiden Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) wertvoll, die in Fischölen (z.B. in frischen Meeresfischen wie Makrelen, Lachs, Thunfisch, Hering, Sardinen) enthalten sind. Bei der Zucht werden darüber hinaus auch Omega-3 Fettsäuren zur Fütterung verwendet, sodass auch manche Süßwasserfische einen höheren Gehalt an Omega-3-Fettsäuren aufweisen. Ernährungsgesellschaften empfehlen, etwa 0,5 % der täglichen Energiemenge in Form von Omega-3-Fettsäuren zuzuführen. Das entspricht bei einem Erwachsenen mit mäßiger Aktivität etwa 1.000 bis 1.500 mg pro Tag. Für Entzündungshemmung sind aber deutlich höhere Aufnahmen erforderlich, mindestens 3 g langkettiger Omega-3-Fettsäuren pro Tag.

Omega-3-Fettsäurengehalt in Lebensmitteln (pro 100 g):

Langkettige Omega-3-Fettsäuren (EPA, DHA)

  • Hering 1,7 g
  • Makrele 2,7 g
  • Lachs 1,8 g
  • Regenbogenforelle 1,0 g
  • Seelachs (Dorsch) 0,5 g

Kurzerkettige Omega-3-Fettsäure (Linolsäure)

  • Leinöl 53 g
  • Rapsöl 10 g
  • Spinat 0,150 g
  • Grüner Paprika 0,029 g

Eine Ergänzung der Nahrung mit Fischöl kann aus der Sicht der Ernährungsmedizin sinnvoll sein. Mögliche Effekte sind z.B. eine Verbesserung der Beweglichkeit der Gelenke, die typische Morgensteifigkeit geht zurück und weniger Medikamente sind erforderlich. Um eine Entzündungshemmung zu erreichen, ist eine Tagesdosis von wenigstens 3 g Omega-3-Fettsäuren erforderlich. Solche Dosen sind meist nur in Form von Nahrungsergänzungsmitteln zu erreichen. Eine andere Möglichkeit ist es, die wertvollen Fettsäuren in Absprache mit dem Arzt in Form von Kapseln zuzuführen.

Auch Alpha-Linolensäure, eine Omega-3-Fettsäure, ist vor allem in Ölen wie Raps- oder Leinöl reichlich enthalten. Diese Öle eignen sich zum Kochen, auch Streichfette aus diesen Ölen sind reich an Alpha-Linolensäure.

Fettsäuren, die die Bildung von Arachidonsäure hemmen:

  • Die Omega-3-Fettsäure Eicosapentaensäure (EPA) verdrängt die Arachidonsäure aus den Zellmembranen, sodass keine entzündungsfördernden Eicosanoide gebildet werden können. EPA hemmt die Bildung von Arachidonsäure aus Linolsäure und kann auch auf diese Weise Entzündungsvorgänge verhindern.
  • Alpha-Linolensäure wird im Körper nur im geringen Ausmaß zu Eicosapentaesäure umgebaut. Daher sind Omega-3-Fettsäuren aus Pflanzenölen viel weniger entzündungshemmend wirksam als die langkettigen Omega-3-Fettsäure EPA und DHA aus Fischölen oder Krillöl.
  • Docosahexaensäure entsteht nur in Spuren aus Alpha-Linolensäure im Körper, wird aber auch durch Ernährung zugeführt. In der Nahrung ist sie in Kaltwasserfischen enthalten, kaum jedoch in anderen Meerestieren.

Sauerstoffradikale können Entzündungen begünstigen, indem sie die Produktion von Eicosanoiden ankurbeln. Antioxidantien, darunter vor allem Vitamin E, Vitamin C, Beta-Carotin oder Selen können diesen Prozess aufhalten. Rheumatiker haben daher einen erhöhten Tagesbedarf, bei Vitamin E liegt dieser bei 100 bis 200 mg/Tag, bei Vitamin C bei zirka 200 mg/Tag.

Die 3 wesentlichsten Ernährungsstrategien für Rheumatiker heißen daher:

  • Möglichst wenig Nahrungsmittel zuführen, die reich an Arachidonsäure sind
  • Erhöhte Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren
  • Erhöhter Bedarf an Antioxidantien, vor allem Vitamin A und C

Um all diese Bedürfnisse zu decken, ist eine gezielte Lebensmittelauswahl wichtig. Als günstig hat sich die mediterrane Ernährungsweise gezeigt. Sie ist reich an pflanzlichen (antioxidativen) Nahrungsmitteln, wie Obst und Gemüse. Typisch für diese Küche ist auch ihr reicher Fisch und Olivenölkonsum, der sich ebenfalls günstig auf rheumatoide Arthritis auswirkt. Das vorteilhafte Fettsäuremuster dieser Lebensmittel beeinflusst den Krankheitsverlauf positiv. Auch eine laktovegetabile Kost (vegetarische Ernährung, die jedoch auch Milchprodukte am Speiseplan hat) ist eine gute Möglichkeit, um die Erkrankung günstig zu beeinflussen. Die durchwegs pflanzliche Kost enthält wichtige Antioxidantien, Omega-3-Fettsäuren (Raps- oder Leinöl) und verzichtet auf stark Arachidonsäure-hältige Lebensmittel wie Fleisch und Wurst.

  • Nicht einseitig essen: Vermeiden Sie einseitige Ernährung oder "Rheuma-Diäten"
  • Auf fetthaltige tierische Lebensmittel verzichten: Günstig ist es, nicht mehr als 2 Portionen Fleisch oder Wurst in der Woche zu verzehren.
  • Fisch essen: Essen Sie mindestens 2-mal pro Woche frischen Seefisch (Omega-3-Fettsäuren)
  • Omega-3 in Kapselform: Um den Omega-3-Fettsäurenbedarf zu decken, können Sie - nach Absprache mit dem Arzt - Fischölkapseln einnehmen. Gute Produkte haben einen Omega-3 Gehalt von wenigstens 600 mg pro g und ein IFOS Zertifikat.
  • Pflanzenöle bevorzugen: Raps- und Leinöl sind ideale Vitamin E-Lieferanten
  • Mehr Obst und Gemüse: Fünf Portionen Obst oder Gemüse pro Tag liefern wichtige Antioxidantien.
  • Fettarme Milch: Greifen Sie bei Milch und Milchprodukten zu fettarmen Varianten
  • Verzichten Sie auf Alkohol und Nikotin.
  • Mehr Sport: Bewegen Sie sich regelmäßig, günstig sind Gelenke schonende Sportarten wie z.B. Schwimmen.

Eine auf die speziellen körperlichen Bedürfnisse ausgerichtete Ernährung kann die Erkrankung zwar nicht heilen, doch einiges dazu beitragen, um Entzündungsprozesse zu verhindern, den Schmerz zu lindern und letztlich weniger Medikamente zu benötigen.


Autor:in:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

13. Juni 2024

Erstellt am:

9. April 2017

Stand der medizinischen Information:

23. Juli 2020

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