Das biologische Geschlecht einer transsexuellen Person entspricht eindeutig dem einer Frau oder eines Mannes. Aber: Die Person hat das Gefühl, in den falschen Körper geboren worden zu sein. Sie empfindet ihr biologisches Geschlecht als "Irrtum oder Fehler der Natur". Transsexuelle Menschen sind aber nicht nur mit ihrem biologischen Geschlecht unzufrieden, sondern auch mit der damit verbundenen sozialen Rolle als Mann oder Frau – also jener Geschlechterrolle, mit der sie aufgewachsen sind und in die sie zwangsläufig hineingedrängt wurden.
Das Empfinden, Mädchen oder Bub zu sein, haben Kinder vermutlich schon vor dem 18. Lebensmonat. Man bezeichnet dies auch als Kern-Geschlechtsidentität. Bewusste Gewissheit über das eigene Geschlecht besteht bei den meisten Kindern am Ende des 2. Lebensjahres. Am Ende des 4. Lebensjahres ist die Entwicklung der Geschlechtsidentität abgeschlossen. Kinder verhalten sich dann auch dem gefühlten Geschlecht entsprechend. Erziehung hat, wenn überhaupt, nur einen äußerst geringen Einfluss auf die Entwicklung der Geschlechtsidentität.
Ist das Kind mit dem eigenen Geschlecht unzufrieden, heißt das aber noch lange nicht, dass es später transsexuell wird. Nur ein kleiner Teil solcher Kinder zeigen diese Symptome auch noch im Erwachsenenalter.
Ähnlich komplex wie Transsexualität ist auch die Begrifflichkeit dieses Phänomens. Transsexuell, Transsexualismus, Transidentität, Transgender – welcher Begriff steht nun wofür?
Anders als z.B. Homosexualität oder Transvestismus hat Transsexualität nichts mit sexueller Orientierung oder Präferenzen zu tun, sondern mit dem Erleben des eigenen Geschlechts und dem Bewusstsein dafür – also mit Geschlechtsidentität. Seit den 1980er-Jahren wird für dieses Phänomen daher auch der Begriff Transidentität verwendet. Der Begriff Transgender ist weiter gefasst. Er ist ein Oberbegriff für Menschen, die sich mit ihrem biologischen Geschlecht und den ihnen dadurch zugeschriebenen Geschlechterrollen falsch oder nicht ausreichend beschrieben fühlen.
Die "Intersexualität" hingegen bezieht sich direkt auf die Biologie. Das Geschlecht eines Menschen wird durch Hormone, Chromosome, Keimdrüsen sowie das innere und äußere Geschlecht bestimmt. Intersex-Personen können aufgrund ihrer genetischen, anatomischen bzw. hormonellen Voraussetzungen nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet werden.
Weitere Begrifflichkeiten sind:
- Transvestitismus: Neigung von Männern, in Frauenkleider (Drag Queen) bzw. Neigung von Frauen, in Männerkleider (Drag King) zu schlüpfen und so die Geschlechterrolle für eine gewisse Zeit zu verändern. Der Wunsch, das Geschlecht komplett zu wechseln, bzw. das Gefühl im falschen Körper zu stecken, besteht dabei aber nicht zwangsläufig.
- Cross-Dresser: Männer, die Frauenkleider bzw. Frauen, die Männerkleider tragen, um sexuelle Erregung zu verspüren. Auch diese Menschen haben nicht zwangsläufig das Gefühl, im falschen Körper geboren zu sein.
- Androgyne Menschen: Menschen, die bewusst sowohl weibliche, als auch männliche Geschlechtsmerkmale nach außen zeigen.
Transsexualität und das damit verbundene Gefühl, im falschen Körper geboren zu sein, ist etwas, das Betroffene nicht ab und zu fühlen. Sie identifizieren sich vollständig mit dem anderen Geschlecht und empfinden sich voll und ganz als Angehörige des jeweils anderen Geschlechts. Viele transsexuelle Menschen sind daher bestrebt, von der Gesellschaft und vor dem Recht in ihrer empfundenen Geschlechterrolle anerkannt zu werden.
Die Ausprägung der Transsexualität ist von Mensch zu Mensch verschiedenen:
- Einige sind bereits mit der inneren Gewissheit zufrieden, eigentlich dem anderen Geschlecht zuzugehören.
- Anderen reicht es, wenn sie mit ihrer transsexuellen Identität im öffentlichen und privaten Leben akzeptiert werden. Sie empfinden eine hormonelle und chirurgische Geschlechtsangleichung als nicht notwendig.
- Manche transsexuelle Personen lassen hormonelle Eingriffe vornehmen, entscheiden sich aber gegen chirurgische Veränderungen.
- Einige transsexuelle Menschen verfolgen den Wunsch, nicht nur durch Hormone, sondern auch durch chirurgische Eingriffe das Geschlecht zu wechseln.
Auf dem Weg in das andere Geschlecht spielt Psychotherapie eine wichtige Rolle. Im Zuge der Therapie werden Entwicklung der Geschlechtsidentität, psychosexuelle Entwicklung, derzeitige Lebenssituation und soziales Umfeld zu Themen gemacht. Auch Behandlungsmöglichkeiten wie Hormonbehandlung und die Erwartungen an das Ergebnis einer möglichen operativen Geschlechtsangleichung werden besprochen.
Um eine geschlechtsangleichende Operation in Anspruch nehmen zu können, ist in Österreich ein dreiteiliger diagnostischer Prozess notwendig. Neben der erwähnten psychotherapeutischen umfasst dies auch eine psychiatrische sowie eine klinisch-psychologische Diagnostik. Auf Basis der so erfolgten Diagnosestellung kann eine Behandlungsempfehlung ausgesprochen werden, die eine Gültigkeitsdauer von zwei Jahren hat.
Vor Beginn einer etwaigen Hormonbehandlung erfolgen außerdem eine urologisch-gynäkologische Untersuchung sowie ein Überprüfen möglicher Risikofaktoren. Neben einer Stellungnahme durch den behandelnden klinischen Psychologen oder den behandelnden Psychotherapeuten ist auch noch eine finale psychiatrische Kontrolluntersuchung notwendig. Die Hormonbehandlung selbst dauert in der Regel etwa ein Jahr. Besteht danach zusätzlich der Wunsch nach einem oder mehreren geschlechtsanpassenden operativen Eingriffen, sind abermals eine wie oben beschriebene Stellungnahme sowie eine psychiatrische Kontrolluntersuchung angesagt.