Diese Gewebeansammlungen können sich entzünden, vernarben und auf andere Organe übergreifen. Bis zur Diagnose vergehen durchschnittlich zehn Jahre, die oft von starken Schmerzen vor oder während der Menstruation, beim Geschlechtsverkehr, Urinieren oder Stuhlgang geprägt sind. Die Therapie ist abhängig von den jeweiligen Beschwerden und umfasst schmerzbekämpfende Medikamente, eine operative Entfernung der Wucherungen oder Hormonbehandlungen.
- Außerhalb der Gebärmutter wachsende Zellen der Gebärmutterschleimhaut verursachen bei der Endometriose Beschwerden. Schätzungen zufolge sind etwa 10 bis 15 % aller Frauen im gebärfähigen Alter betroffen.
- Typische Symptome sind überdurchschnittlich starke Menstruationsschmerzen, dazu kommen häufig Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und beim Urinieren.
- Da Regelschmerzen als "normal" angesehen werden, vergehen im Schnitt zehn Jahre bis die richtige Diagnose erfolgt.
- Zur akuten Schmerzlinderung kommen meist Medikamente zum Einsatz. Als längerfristige Lösung kommen eine Hormontherapie oder ein operativer Eingriff in Frage.
Endometriose ist eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen. 10 bis 15 % aller Frauen im gebärfähigen Alter sind betroffen, 20 bis 30 % der Frauen mit einem unerfüllten Kinderwunsch und 40 bis 60 % der Frauen mit starken Menstruationsbeschwerden. Allerdings ist das Unwissen über die Erkrankung groß, was dazu führt, dass sie meist erst sehr spät diagnostiziert wird und es keine definitiven Zahlen zur Häufigkeit gibt.
Video: Endometriose: Symptome erkennen und verstehen
Prim. Dr. Albert Knauder (Leitung der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Landesklinikum Neunkirchen) gab in einem Webinar einen Überblick über die wichtigsten Symptome, Ursachen und Behandlungsansätze bei der Endometriose. (Webinar, 06.12.2023)
Bei der Endometriose wachsen Zellen der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter. Diese oft chronischen Endometrioseherde (Endometrium = Gebärmutterschleimhaut) treten an verschiedenen Stellen auf, die Gewebeansammlungen befinden sich meist an den weiblichen Geschlechtsorganen (Eierstöcke, Eileiter, Vagina) oder in deren Nähe (z.B. Darm, Douglas-Raum, Blase, Harnleiter, Bauchfell des kleinen Beckens).
Unklare Ursache
Es gibt unterschiedliche Theorien darüber, wie es möglich ist, dass sich Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter ansiedelt. Ob ein Rückstau des Menstruationsblutes in die Eileiter, Hormonstörungen oder eine erbliche Veranlagung vorliegt, ist ungeklärt. Genauso unklar wie die Ursache ist auch die weitere Entwicklung der Endometriose.
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Klassische Symptome der Endometriose sind starke Menstruationsschmerzen bzw. Schmerzen im Unterbauch, die auch vor der Menstruation oder davon unabhängig auftreten können. Sie fühlen sich krampfhaft an und können auch mit Übelkeit, Durchfall oder Erbrechen einhergehen und bis in die Beine oder den Rücken ausstrahlen. Je nach Lokalisation der Endometrioseherde können auch Schmerzen auftreten beim:
- Geschlechtsverkehr,
- Urinieren
- oder beim Stuhlgang.
Grundsätzlich kann man mit Endometriose aber auch schmerzfrei sein - selbst beim Vorliegen großer Endometrioseherde. Umgekehrt ist es möglich, schon bei kleinen Herden massive Schmerzen zu haben.
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Der Menstruationszyklus wirkt auf die Endometrioseherde genauso wie auf Schleimhautzellen innerhalb der Gebärmutter: Sie unterliegen zyklusbedingten hormongesteuerten Veränderungen, eine Phase des Aufbaus wechselt sich ab mit einer Phase des Abbaus. Befinden sich Schleimhaut und Blut (anders als bei der Menstruation) aber nicht innerhalb der Gebärmutter, so kann dieses abgestoßene Gewebe den Körper nicht über die Vagina verlassen. Es wird stattdessen vom Körper aufgenommen. Das kann folgenlos sein, aber auch eine Vergrößerung bereits bestehender Endometrioseherde bewirken. Die Reste von Blut und Schleimhaut können außerdem zu Verwachsungen, Narben und Entzündungen führen. Ebenso können sich blutgefüllte Zysten bilden. All dies kann heftige Schmerzen verursachen.
Auch wenn die Endometrioseherde wuchern und auf andere Organe übergreifen können, sich also ähnlich wie Krebszellen verhalten: Endometriose ist eine gutartige Erkrankung.
Die Endometrioseherde bilden sich ohne Behandlung nur sehr selten zurück. Kommt es zu Verwachsungen und Zysten im Bereich der Eileiter und/oder Eierstöcke, so kann deren normale Funktion in Mitleidenschaft gezogen sein. Die Fruchtbarkeit der Betroffene:n wird dadurch vermindert.
Die meisten Frauen mit Endometriose haben nach dem Ende des hormonellen Menstruationszyklus – der Menopause – keine Beschwerden mehr.
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Weil Bauchkrämpfe insbesondere während der Menstruation von vielen Frauen als "normal" angesehen und oft nicht weiter abgeklärt werden, dauert es häufig sehr lange (durchschnittlich bis zu etwa zehn Jahre), bis eine Endometriose korrekt diagnostiziert wird. Diese lange Zeitspanne kann für die Betroffenen sehr belastend sein.
Anamnese | Bei einer ausführlichen Anamnese können Ärzt:innen durch die Schilderung starker Menstruationsschmerzen bzw. Schmerzen im Unterbauch das Vorliegen einer Endometriose in Betracht ziehen. Auch ein unerfüllter Kinderwunsch könnte auf eine Endometriose hinweisen. |
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Gynäkologische Tast- und Sichtuntersuchung |
Die gynäkologische Tast- und Sichtuntersuchung kann den Verdacht bestärken, aber oft kommt es durch diese Untersuchungen alleine noch zu keinem Befund. |
Bildgebende Verfahren | Eine Ultraschalluntersuchung über die Bauchdecke und/oder die Vagina kann je nach Lokalisation der Wucherungen Endometrioseherde zur Darstellung bringen. Tief infiltrierende Endometrioseherde, die Scheide, Blase oder Darm betreffen, können bei geschulter Untersucher:in durch Scheidenultraschall erkannt werden. Diese Untersuchung ist jedoch nicht Teil der üblichen Routinekontrolle bei der Frauenärzt:in und wird in speziellen Zentren (zertifizierten Endometriosezentren) durchgeführt. Zusätzlich können über eine Magnetresonanztomographie größere Endometrioseherde sichtbar gemacht werden. |
Bauchspiegelung | Eine eindeutige Diagnose liefert bei Vorliegen einer Endometriose nur die Bauchspiegelung (Laparoskopie). Bei diesem endoskopischen operativen Eingriff werden die Wucherungen entfernt und danach feingeweblich untersucht. Erst dann kann klar gesagt werden, ob es sich um Gebärmutterschleimhautzellen handelt. |
Die Therapie der Endometriose ist individuell unterschiedlich, wobei sich die Ursache der Erkrankung nicht behandeln lässt.
Hat die Betroffen:e weder Beschwerden noch Kinderwunsch und sind die befallenen Organe nicht beeinträchtigt, so ist keine Therapie notwendig. Liegen starke, anhaltende Schmerzen, ein unerfüllter Kinderwunsch oder Funktionseinbußen der mit den Endometrioseherden befallenen Organe vor, so kann medikamentös oder operativ behandelt werden:
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Medikamente: Symptombekämpfend, d.h. zur Linderung der Schmerzen
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Hormontherapie: Eignet sich nur für Frauen, die nicht schwanger werden möchten. Sie wird eingesetzt, um die natürliche Hormonwirkung zu unterdrücken und somit auf die Endometrioseherde einzuwirken, z. B. werden Ovulationshemmer oder Gestagene verschrieben. Mit sogenannten GnRH-Analoga wird die Eierstockfunktion verhindert.
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Operation: Im Zuge einer Bauchspiegelung werden die Endometrioseherde entfernt. Wichtig ist, dass alle Herde entfernt werden.
Doch eine erfolgreiche Behandlung heißt nicht, dass die Patient:innen für immer geheilt sind. Bei bis zu 15 % der operierten Frauen treten fünf Jahre nach dem Eingriff wieder Endometrioseherde auf.
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Komplementärmedizin: zur Schmerzlinderung, z.B. Akupunktur
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Psychologische Beratung oder Psychotherapie: Im Zuge der Endometriose oft auftretende Schwierigkeiten, wie z. B. Selbstwertprobleme, Probleme in Sexualität und Partnerschaft, negatives Körperbild, emotionale Belastung bei unerfülltem Kinderwunsch, können mit Psycholog:innen oder Psychotherapeut:innen besser bewältigt werden.
In Selbsthilfegruppen können sich Betroffene untereinander austauschen.