Morbus Parkinson (Schüttellähmung)

Mann mit Morbus Parkinson
Das starke Zittern der Hände ist nur eines von vielen Symptomen bei Morbus Parkinson.
© Daniel Ernst / Fotolia.com

Morbus Parkinson ist eine Erkrankung des Nervensystems, die sich durch Symptome wie gebeugter Gang, Steifheit der Muskeln, kleine Schritte und auffälliges Zittern äußern kann.

Medizinische Expertise

Dieter Volc

Prim. Dr. Dieter Volc

Facharzt für Neuro­logie und Psychia­trie
Skodagasse 32, 1080 Wien
www.volc.at
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Inhaltsverzeichnis

Morbus Parkinson gehört mit den Demenzerkrankungen (vor allem Alzheimer) und dem Schlaganfall zu den 3 häufigsten neurologischen Krankheiten. Rund 20.000 Menschen in Österreich leiden darunter. Parkinson ist zwar nicht heilbar, lässt sich aber sehr gut medikamentös behandeln. Die Lebenserwartung bei früh Diagnostizierten ist gut, die Medikamente werden individuell auf die Beschwerden abgestimmt und diese somit effektiv gelindert.

  • Morbus Parkinson führt zum fortschreitenden Verlust bestimmter Gehirnzellen im Mittelhirn.
  • Die Symptome können sich sehr langsam entwickeln, Verlauf und Ausprägung sind individuell  unterschiedlich.
  • Im Zuge des Krankheitsverlaufs wird immer weniger Dopamin gebildet. 
  • Die genaue Ursache ist nach wie vor unklar.
  • Morbus Parkinson ist nicht heilbar, lässt sich aber vor allem im Frühstadium gut behandeln. 
Art chronische Erkrankung des Nervensystems
Ursachen noch unklar
Symptome zu Beginn sehr unspezifisch wie Geruchsverwechslung, Verstopfung, Unruhe, Schulter-Armschmerzen; später u.a. Schwierigkeit beim Sprechen, eingeschränkte Mimik, Schreibstörung, Zittern in Ruhe
Diagnose Anamnese, Gangprüfung, MRT des Kopfes, nuklearmedizinische Untersuchung
Therapie  medikamentöse Möglichkeiten wie Dopaminagonisten, Anticholinergika, COMT-Hemmer, MAO-B-Hemmer, Amantadin

Hierzulande sind ungefähr 20.000 Menschen an Morbus Parkinson erkrankt, erste Symptome zeigen sich häufig zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr. Bei einer von 10.000 Personen wird die Diagnose Parkinson um den 40. Geburtstag gestellt. Männer sind häufiger betroffen als Frauen.

Morbus Parkinson führt zum fortschreitenden Verlust bestimmter Gehirnzellen im Mittelhirn, die für die willkürlichen und unwillkürlichen Bewegungsabläufe zuständig sind. Dabei spielt der Botenstoff Dopamin eine entscheidende Rolle. Dopamin ist der "Schlüssel" für die motorische Signalübertragung im Gehirn. Es ist u.a. für die Koordinierung der Bewegungsabläufe zuständig und wird in speziellen Zellen der Substantia nigra gebildet. Bei der Parkinson-Erkrankung wird die Substantia nigra langsam zerstört, dadurch wird zunehmend weniger Dopamin gebildet. In Folge kommt es zu einer Fehlsteuerung der Körperbewegungen. Die Störung beginnt aber schon Jahre bevor die motorischen Symptome entdeckt werden in den tieferen Strukturen des Hirnstammes und breitet sich später über weite Teile des Gehirnes aus. Dementsprechend kommen weitere – nicht motorische – Symptome dazu.

Die Symptome des Morbus Parkinson können sich sehr langsam entwickeln, der Verlauf und die Ausprägung sind individuell sehr unterschiedlich. Besonders zu Beginn der Erkrankung können sich folgende unspezifische Anzeichen zeigen:

  • Geruchsverwechslung
  • Motorisches Ausleben von Träumen
  • Leise monotone Sprache
  • Verstopfung
  • Depression
  • allgemeine Unruhe
  • Schulter-Armschmerzen

Diese Anzeichen passen zu vielen Krankheitsbildern. Kommt es zu halbseitigen Einschränkungen der Bewegungsabläufe, leichtem Zittern in Ruhestellung sowie zu Beeinträchtigungen beim Schreiben, so sollten diese Alarmzeichen unbedingt abgeklärt werden!

Im Zuge des Krankheitsverlaufs wird immer weniger Dopamin gebildet, dadurch können folgende Beschwerden auftreten oder sich verschlimmern:

  • Die Muskeln werden steif, üblicherweise macht sich Muskelstarre auf einer Körperhälfte – oft im Nacken und Schulterbereich – bemerkbar
  • Ein Arm pendelt beim Gehen auffallend weniger mit als der andere
  • Bewegungen werden langsamer, Gesten sparsamer
  • Die Mimik wird eingeschränkt, das Gesicht wirkt maskenhaft starr
  • Nachlassen des Geruchssinns
  • Zittern in Ruhe, das meist zuerst an einer Hand auffällt. Das Halten von Gegenständen oder das Zuknöpfen eines Hemdes wird zunehmend schwieriger. Das Zittern beeinflusst die Feinmotorik und kann sich unter Stress verstärken
  • Schwierigkeiten beim Sprechen und Schreiben
  • Depressive Verstimmungen, Rückzug vom sozialen Leben
  • Leise, eintönige Sprache
  • Zunehmende Schreibstörung (immer kleiner werdende Schrift)
  • Gehen ist – tief nach vorne gebeugt – nur noch in kleinen Schritten möglich

Die Ursache ist nach wie vor unklar. Die jüngst aufgestellte Hypothese besagt aber, dass eine genetische Disposition zu neurodegenerativen Erkrankungen einen Auslöser braucht, manchmal ein Defekt im hirneigenen Reparatursystem, manchmal ein Giftstoff von außen plus einem dritten Faktor. Der kann aber auch nur einfach das Alter sein. Die genauen Ursachen für die Erkrankung sind bislang noch nicht geklärt, Giftstoffe (z.B. Insektizide wie Lindan, Spritzmittel im Weinbau, Kohlenmonoxid, Mangan), Durchblutungsstörungen im Gehirn sowie wiederholte Schlaganfälle und Schädel-Hirn-Traumen können an der Entstehung wesentlich beteiligt sein. Parkinson wird sehr selten vererbt, es tritt dann meist schon in jüngeren Jahren auf.

Der Verlauf kann phasenhaft gesehen werden

  • 1. Stadium: Das erste Stadium dauert etwa 4 bis 6 Jahre und wird als "Honeymoon"-Phase (von engl. honeymoon = Flitterwochen) bezeichnet. In dieser Phase wirken die Medikamente sehr gut und es ist weitgehende Beschwerdefreiheit möglich
  • 2. Stadium: Im zweiten Stadium kommt es verstärkt zu Störungen im Bewegungsablauf, eine Feinabstimmung der Wirkstoffe wird nötig
  • 3. Stadium: Im Spätstadium der Erkrankung ist es sinnvoll, die Therapie mit einem Spezialisten für Bewegungsstörung abzusprechen

Da das Krankheitsbild nicht auf einen Blick eindeutig ist, wird der Arzt folgende Fragen stellen, die auf Morbus Parkinson deuten:

  • Zittert eine Hand vor allem in Ruhe?
  • Leiden Sie unter Schmerzen im Nacken- und Armbereich?
  • Ist Ihre Stimme leiser als früher?
  • Meiden Sie soziale Kontakte?
  • Fehlt Ihnen jeglicher Antrieb?
  • Haben Sie bemerkt, dass Ihre Schrift kleiner wird?

Weiters wird der Allgemeinmediziner oder auch der Neurologe den Gang prüfen: Schwingen beide Arme mit oder nur einer, sind die Schritte eher klein oder normal, ist die Haltung nach vorne gebeugt, kommt es zu häufigem Stolpern?

Verdichten sich die Hinweise, werden mit Hilfe einer Magnetresonanztomographie (MRT) des Kopfes andere Gehirnerkrankungen ausgeschlossen. Eine zusätzliche nuklearmedizinische Untersuchung (DAT-SPECT, IBZM-SPECT, MIBG-SPECT oder PET-Untersuchung) kann notwendig sein. Die wichtigste Untersuchung ist und bleibt aber das ärztliche Gespräch und die neurologische Untersuchung.

Bei 5 bis 10 % der Patienten treten die ersten Symptome schon vor dem 40. Lebensjahr auf. Hierbei spricht man von einem jungen Parkinson. Jene sehr seltenen Fälle, in denen sich die Krankheit gar schon in der Jugend bemerkbar macht, werden als juveniler Parkinson bezeichnet.

Der junge sowie der juvenile Parkinson sind mit dem typischen, späteren Auftreten der Krankheit nur bedingt vergleichbar. Eine große Differenz gibt es in den persönlichen Problemen, mit denen sich die Betroffenen konfrontiert sehen. Wer schon in frühen Lebensjahren einen Parkinson entwickelt, gerät oftmals in Abhängigkeit von staatlichen Unterstützungsgeldern. Einen soliden finanziellen Unterbau, wie ihn ältere Betroffene in "gesunden" Jahren aufbauen konnten, haben sie aufgrund der frühen Arbeitsunfähigkeit meist nicht. Zudem sind viele junge Parkinson-Patienten einer stärkeren Stigmatisierung ausgesetzt. Manche Betroffene berichten darüber, wegen ihrer Gangunsicherheit häufig für alkoholisiert gehalten und gemieden zu werden.

 

Morbus Parkinson lässt sich nicht heilen, ist aber gut behandelbar. Die Beschwerden und Symptome, die mit Parkinson einhergehen, sind nicht bei allen Betroffenen gleich, sondern variieren. Der unterschiedliche Krankheitsverlauf und die Tatsache, dass jeder Mensch auf Medikamente anders reagiert, machen eine individuelle Abstimmung der Wirkstoffe notwendig.

Es gibt verschiedene medikamentöse Möglichkeiten, den Mangel an Dopamin auszugleichen und die Beschwerden zu lindern:

  • Wirkstoffe der Medikamentengruppe L-Dopa werden nach der Einnahme u.a. im Gehirn in Dopamin umgewandelt.
  • Dopaminagonisten haben eine ähnliche Wirkung wie L-Dopa und werden entweder allein oder gemeinsam mit L-Dopa verabreicht.
  • COMT-Hemmer verlängern die Wirkungsdauer von L-Dopa.
  • MAO-B-Hemmer bremsen den Abbau von Dopamin und verlangsamen dadurch den Krankheitsverlauf, die Beweglichkeit bleibt länger erhalten.
  • Amantadin wird auch zur Behandlung von unwillkürlichen Bewegungen eingesetzt.
  • Anticholinerika beeinflussen bestimmte Botenstoffe im Gehirn, die als Gegenspieler von Dopamin agieren. Sie werden aber nur sehr vorsichtig eingesetzt, weil sie das Gedächtnis negativ beeinflussen können.

Physiotherapie ist unbedingt schon in einem frühen Stadium notwendig, um auch später die Beweglichkeit zu erhalten. Entspannungsübungen und Massagen machen steife Muskeln wieder geschmeidiger. Körperliches Training ist in jeder Phase wichtig.

Besonders bewährt sich "Big & Loud". Das Prinzip ist einfach erklärt unter Anleitung werden große Bewegungen gemacht und diese werden laut kommentiert.

Ergotherapeuten beraten bezüglich alltäglicher Tätigkeiten wie Anziehen, Duschen und Schreiben, bei Bedarf empfehlen sie Hilfsmittel und trainieren deren Gebrauch.


Mehr lesen » Parkinson: In Bewegung bleiben

Musiktherapie bei Parkinson

Rhythmische Musik synchronisiert die Bewegungsabläufe bei Parkinson, die Feinmotorik verbessert sich und auch die Stimmung hellt sich auf. Besonders klassische Musik wirkt sich sehr positiv auf den Bewegungsrhythmus aus. Parkinsonbetroffene berichten, dass sie nach dem Anhören des Radetzky-Marsches leichter gehen und Bewegungen gezielter und präziser ausführen können.

Zur Stärkung der Muskulatur ist Ausdauertraining sehr wichtig (Gehen, Wandern, Schwimmen). Früher betriebene Sportarten sind nicht verboten, besonders alle Spiele mit einem Ball sind für Parkinsonbetroffene weiterhin gut machbar.

Morgendliche Dehnungsübungen und regelmäßige physiotherapeutische Behandlungen unterstützen die Beweglichkeit.

Durch das ständige Zittern kann die Nahrungsaufnahme zum Problem werden, Betroffene neigen zu Untergewicht. Daher ist es wichtig, öfter am Tag kleine Portionen kalorienreicher Nahrung zuzuführen. Ältere Menschen, Frauen und Parkinsonbetroffene haben ein vermindertes Durstgefühl und es ist daher besonders darauf zu achten, genügend zu trinken.

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