Burnout: 8 häufige Fragen

Mann, der an an Burnout leidet, greift sich auf den Kopf
Je früher man sich entschließt, etwas gegen das Burnout zu unternehmen, desto schneller ist man wieder arbeits- und leistungsfähig.
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Burnout tritt in Folge von langanhaltendem Dauerstress auf. Doch was sind eigentlich die häufigsten Auslöser und was kann man gegen das innerliche Ausbrennen tun?

Medizinische Expertise

Lisa Tomaschek-Habrina

Dr.in Lisa Tomaschek-Habrina, MSc

Psychotherapeutin
Frankgasse 1, 1090 Wien
www.lisatomaschek.at
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Burnout ist ein schleichender Prozess, der sich üblicherweise über mehrere Monate in Stufen entwickelt. Mehrfachbelastungen in Beruf und Familie, Leistungsdruck und Mobbing zählen zu den häufigsten Ursachen für das „Ausgebranntsein“. Mit Folgen: Immerhin 50 bis 60 Prozent aller verlorenen Arbeitstage sind auf die Krankheitssymptome von Stress zurückzuführen. Dr. Lisa Tomaschek-Habrina, Leitung des Instituts für Burnout und Stressmanagement (ibos) gibt im Interview mit MeinMed.at Auskunft zu den wichtigsten 8 Fragen zum Thema Burnout.

Burnout ist die Folge eines langanhaltenden Stresszustandes. Die große Herausforderung: Unser Körper ist eigentlich nur für kurzfristige Stressreaktionen ausgerichtet. Eine Akutsituation fordert den Organismus – man steht unter Strom. Im Normalfall flacht diese Überaktivierung nach der „Stresssituation“ wieder ab. Kommen wir aber über einen längeren Zeitraum nicht zur Ruhe, können die Beschwerden chronisch werden – das Nervensystem ist dann überreizt.

Burnout kann also als Folgereaktion anhaltender innerer und äußerer Belastungsfaktoren angesehen werden, denen nicht mehr genügend Widerstand entgegengesetzt werden kann. Die Symptome betreffen dabei sowohl die körperliche, geistige als auch die seelische Ebene.

Die Veränderungen in den Lebens- und Arbeitswelten verursachen vermehrt individuellen psychischen Stress. Dadurch wird es immer schwieriger, eine Gesundheitsbalance aufrecht zu erhalten. Leistungsdruck, Angst vor Arbeitsplatzverlust, interne Konkurrenz und Mobbing sind allerorts spürbar. Auffällig ist die starke Wachstumsdynamik: Krankenstände wegen psychischer Diagnosen steigen doppelt so stark an wie jene mit körperlichen Ursachen – ein Trend, der sich auch im hohen Anteil psychisch bedingter Frühpensionen niederschlägt.

Die Begriffe Burnout und Depression werden oft gleichgesetzt. Beide zeichnen sich durch Antriebslosigkeit, geringe Energie, Schlafstörungen, niedergeschlagene Stimmung und gestresstem Verhalten aus.

Depression ist eine klare psychiatrisch, klinisch anerkannte Diagnose mit klar definierten Symptomen. Im Gegensatz dazu ist Burnout keine anerkannte Diagnose. Burnout beschreibt lediglich einen Prozess des Ausbrennens sowie das Zustandsbilds der totalen körperlichen, geistigen wie seelischen Erschöpfung. Depression kann jedoch ein Symptom eines Burnoutprozesses sein. Bei erschöpften Menschen zeigen sich darüber hinaus auch andere auch noch andere Anzeichen wie Angst, Zwang, Anpassungsstörungen und andere psychosomatische Symptome wie Herzkreislaufbeschwerden, Verdauungsbeschwerden etc.

Burnout entwickelt sich typischerweise über Monate bis Jahre in Stufen in einem fortlaufenden Prozess der körperlichen, emotionalen und mentalen Verausgabung. In der Anfangsphase sendet der Körper Warnsignale. Diese können von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein. Möglich sind unter anderem Übelkeit, immer wiederkehrender leichter Schwindel, phasenhafte Schlafstörungen, Sodbrennen, Spannungskopfschmerzen oder Muskelschmerzen, die durch Anspannung und Fehlhaltungen verursacht werden. Auch durch wiederkehrende Ohrengeräusche oder leichte Herzrhythmusstörungen signalisiert der Körper eine beginnende Überlastung.

Stress spiegelt sich nicht nur auf körperlicher Ebene, sondern auch im Verhalten wider. Um die Leistungsfähigkeit untertags zu steigern, nehmen Menschen mit erhöhtem Stresspegel gerne aufputschende Mittel wie zum Beispiel Koffein zu sich. Um „herunter zu kommen“ wird abends wiederum auf beruhigende Substanzen wie Alkohol zurückgegriffen. Sie sollen das erschwerte Einschlafen erleichtern. Alarmierend ist es auch, wenn sich die Sozialkontakte ausschließlich auf den Beruf beschränken und das Gefühl nie Zeit zu haben auftritt.

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Ein Burnout macht sich auf verschiedenen Ebenen bemerkbar.

  • Auf Gefühlsebene treten vermehrt Angstgefühle auf. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ist stark eingeschränkt. Früher als angenehm wahrgenommene Aktivitäten verlieren an Bedeutung. Die Betroffenen empfinden Hilflosigkeit und erleben ein Ohnmachtsgefühl in Bezug auf die Beeinflussungsmöglichkeiten des Umfelds.
  • Auf Gedankenebene treten Gefühle von Sinn- und Perspektivenlosigkeit auf. Die Konzentrationsfähigkeit ist stark eingeschränkt, ebenso Kreativität und Phantasievermögen. Typisch ist auch ein quälendes Gedankenkreisen.
  • Im Bereich des Verhaltens schleichen sich häufiger Fehler unter. Es fällt schwer, klare Anweisungen zu erteilen und konkrete Entscheidungen zu fällen. Ganz oft kann ein Rückzugsverhalten beobachtet werden.
  • Im Bereich des Antriebs klagen die Betroffenen über eine ständige Erschöpfung und ein permanentes Müdigkeitsgefühl. Motivation und Antrieb sind stark vermindert. Daneben kann es auch zu sexuellen Funktionsstörungen kommen.
  • Häufige körperliche Begleitsymptome sind unter anderem Schlafstörungen, Magen-Darm-Erkrankungen, erhöhte Infektanfälligkeit, Zyklusstörungen, Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, Herzrasen, Tinnitus etc.

Die Auslöser lassen sich grob in innere und äußere Risikofaktoren unterteilen.

  • Innere Auslöser: Dazu zählen vor allem prädisponierende Persönlichkeitsmerkmale. Häufig ist ein geringes Selbstwertgefühl bei gleichzeitig hohen Leistungsansprüchen an sich selbst. Die Betroffenen werden von Außenstehenden oft als Perfektionisten wahrgenommen, die eigene Bedürfnisse vernachlässigen und Konflikten gerne aus dem Weg gehen.
  • Äußere Auslöser: Burnout wird meist mit einer schwierigen Arbeitssituation in Verbindung gestellt. Zum Teil ist das auch richtig. Arbeitsüberlastung, immerwährender Zeitdruck, mangelnde Wertschätzung und fehlendes Mitspracherecht fördern ein innerliches Ausbrennen. In vielen Fällen kommt es bei Burnout jedoch zu einer Ansammlung unterschiedlicher Belastungsfaktoren, die mehrere Lebensbereiche umspannen können. So verstärken partnerschaftliche Probleme bzw. Krankheitsfälle in der Familie bereits vorhandene Belastungsquellen.

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Ziel der Therapie ist es, innere Antreiber zu entlarven, die an der Entstehung des Burnouts mitwirken. Darauf aufbauend gilt es, Strategien für mehr Gelassenheit und innere Ruhe im Alltag zu finden und neu zu erproben. Da eingefahrene Muster meist schon seit der Kindheit bestehen und tief im Unterbewusstsein verankert sind, benötigt dieser Bewusstseinswerdungsprozess Zeit. Die große Schwierigkeit liegt in der Wesensart und inneren Einstellung vieler Burnoutbetroffener. Nicht selten haben sie einen kurzen Geduldsfaden und möchten am liebsten rasch wiederhergestellt sein. Für eine erfolgreiche und dauerhafte Therapie bedarf es jedoch Geduld.

Sinnvoll ist eine State of the Art-Behandlung, also eine Kombinationstherapie aus Medizin, Psychotherapie und Entspannungsverfahren, die folgende Therapiebausteine beinhaltet:

  • Erstdiagnostik, Erhebung der Stressbelastung und Burnoutgefährdung auf medizinisch-psychologischer Ebene
  • Akutbetreuung und Stabilisierung
  • Stressbehandlung und Stressmanagement
  • Erlernen von Entspannungstechniken
  • Erkennen von Psychodynamiken und stresserzeugenden bzw. erhaltenden Faktoren
  • Arbeit an Leistungsfähigkeit und -erhalt

Generell sind die Regenerationschancen bei Burnout sehr gut. Die Dauer der Therapie ist jedoch stark vom Schweregrad der Erkrankung abhängig. Heißt also: Je weiter fortgeschritten man in der Erschöpfung steckt, desto länger muss man auch für die Regeneration einplanen. Oft geht einer ambulanten eine stationäre Behandlung in einer psychischen Rehab von 6-8 Wochen voran.

Die im Anschluss notwendige weitere ambulante Begleitung sollte immer eine Kombination aus medizinischen Kontrollen und Psychotherapie im Einzel- oder Gruppensetting sein. Bei leichten Fällen genügen oft nur wenige Sitzungen um eine gesundheitsförderliche Verhaltensänderung anzuregen. In schweren Fällen liegt die Behandlungsdauer bei bis zu einem Jahr, manches Mal kann die Genesung auch länger in Anspruch nehmen.

Dabei starten KlientInnen häufig mit einem mehrwöchigen Krankenstand, und beginnen die Reintegration in den Arbeitsprozess mit einem geringerem Stundenausmaß, welches nach und nach, je nach Belastungsmöglichkeit erhöht wird. Wichtig ist ein frühzeitiges Handeln. Je früher man sich entschließt, etwas zu unternehmen, desto schneller ist man wieder arbeits- und leistungsfähig.

  • Interview mit Dr. Lisa Tomaschek-Habrina am 01.08.2016

Autor:in:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

10. August 2020

Erstellt am:

1. August 2016

Stand der medizinischen Information:

10. August 2020

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