Hirsutismus

Frau, die sich mit einer Pinzette die Barthaare über der Oberlippe zupft
Betroffenen wachsen vermehrt Haare im Gesicht (v.a. Oberlippe und Kinn), am Rücken oder auf der Brust.
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Bei Hirsutismus handelt es sich um eine verstärkte Behaarung bei Frauen nach dem männlichen Behaarungsmuster. Betroffen sind vor allem Gesicht, Brust, Rücken, Bauch, Oberarme und Oberschenkel.

Medizinische Expertise

Johannes Ott

Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Johannes Ott

Stv. Leiter der Klinischen Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, MedUni Wien
GynCentral, Rudolfsplatz 3/16, 1010 Wien
www.diegynaekologin.at
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Inhaltsverzeichnis

Ob ein mild ausgeprägter Hirsutismus behandelt wird, hängt unter anderem davon ab, ob betroffene Frauen den vermehrten Haarwuchs als störend empfinden – und dies kann individuell sehr unterschiedlich sein.

Zusammenfassung

  • Bei Hirsutismus wachsen Frauen vermehrt Haare im Gesicht sowie am Rücken und auf der Brust. 
  • Frauen mit Hirsutismus haben meist erhöhte Werte männlicher Geschlechtshormone (Androgene).
  • Die häufigste Ursache für Hirsutismus ist das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS). 
  • Die Diagnose Hirsutismus erfolgt meist anhand des klinischen Bildes.
  • Um die Ursache des Hirsutismus feststellen zu können, ist in der Regel eine Blutanalyse notwendig.
  • Die Therapie richtet sich nach der Ursache. Zur Auswahl stehen vor allem Hormontherapien und kosmetische Maßnahmen.

Hirsutismus im Überblick

Art vermehrte Körperbehaarung bei Frauen
Ursache hormonelle, medikamentöse und unbekannte Auslöser
Symptome z.B. Bartwuchs oder Brusthaare bei Frauen
Ansteckung keine
Diagnose Blickdiagnose, ergänzt durch Labordiagnostik
Behandlung je nach Ursache und Ausprägung medikamentös oder kosmetisch

FAQ (Häufige Fragen)

Wie erkennt man Hirsutismus?

Welche Symptome genau auftreten und wie stark diese ausgeprägt sind, ist individuell sehr verschieden. Bei Frauen mit Hirsutismus tritt die verstärkte Behaarung besonders an folgenden Körperstellen auf:

  • Gesicht (v.a. Kinn und Oberlippe)
  • Rücken
  • Brust
  • Po

Haare im Genitalbereich wachsen oft bis zum Oberbauch oder den Oberschenkeln, Achselhaare bis zu den Oberarmen.

Was kann man gegen Hirsutismus machen?

Wie Hirsutismus behandelt wird, hängt unter anderem von der Ursache, dem Ausmaß der Behaarung und natürlich davon ab, ob betroffene Frauen ihn als störend empfinden. Zur Auswahl stehen vor allem Hormontherapien und kosmetische Maßnahmen.

Kann Hirsutismus wieder verschwinden?

Der Verlauf hängt von der Ursache ab. Liegt dem Hirsutismus eine Grunderkrankung zugrunde, steht die Behandlung dieser Erkrankung im Vordergrund. Handelt es sich um einen medikamentös bedingten Hirsutismus, muss das entsprechende Medikament abgesetzt oder durch ein anderes ersetzt werden. 

Hirsutismus bezeichnet eine übermäßig starke Körperbehaarung bei Frauen nach männlichem Behaarungsmuster. Haare wachsen dabei vermehrt an Kinn und Oberlippe, Wangen, Oberarmen, Oberschenkeln, Rücken und Bauch. Bei Hirsutismus ist die Behaarung meist auch unter den Achseln und im Genitalbereich stärker ausgeprägt.

Hirsutismus ist eine vermehrte androgenabhängige Behaarung. Das bedeutet, der starke Haarwuchs steht in Zusammenhang mit einer Überproduktion von männlichen Geschlechtshormonen (Androgenen) oder einer erhöhten Empfindlichkeit der Haarfollikel gegenüber diesen Hormonen. 

Hirsutismus betrifft etwa 5-10 % der Frauen im gebärfähigen Alter. Dunkle Haut- und Haartypen sind häufiger betroffen.

Die möglichen Ursachen für Hirsutismus sind vielfältig. Man unterscheidet:

  1. Hormonelle Ursachen: Es kommt es zu einer vermehrten Produktion von Testosteron, unter anderem bei:
    o PCO-Syndrom (mit 70-80 % die häufigste Ursache) 
    o Morbus Cushing
    o Ovarialtumoren
    o Adrenogenitales Syndrom
    o Hyperplasie der Nebennierenrinde (z.B. bei Adipositas oder Diabetes mellitus)
    o Hyperplasie der Hiluszellen des Eierstocks
    Man unterscheidet zwischen:
    - Ovariellen Hirsutismus: Ursache in den Eierstöcken (z.B. PCOS)
    - Adrenalem Hirsutismus: Ursache in der Nebenniere
    Diese Unterscheidung ist für die Therapie wichtig. 
  2. Medikamentöse Ursachen: Auch bei bestimmten Medikamenten kann es zu Hirsutismus kommen, u.a. bei Glukokortikoiden, Anabolika, Progesteronderivate, Minoxidil, etc.
  3. Idiopathische Form: Wenn keine erkennbare Ursache vorliegt, spricht man von idiopathischem Hirsutismus. Das ist bei etwa 5-20 % der Fall.

Von Hirsutismus abzugrenzen ist die Hypertrichose. Damit ist eine allgemein verstärkte Körperbehaarung bei Männern und Frauen gemeint. Im Gegensatz zum Hirsutismus, der hormonell bedingt ist, hat die Hypertrichose keine hormonellen Ursachen.

Welche Symptome genau auftreten und wie stark diese ausgeprägt sind, ist individuell sehr verschieden. Bei Frauen mit Hirsutismus tritt die verstärkte Behaarung besonders an folgenden Körperstellen auf:

  • Gesicht (v.a. Kinn und Oberlippe)
  • Rücken
  • Brust
  • Po

Haare im Genitalbereich wachsen oft bis zum Oberbauch oder den Oberschenkeln, Achselhaare bis zu den Oberarmen. Ist die Ursache für Hirsutismus eine Hormonstörung, können weitere Symptome hinzukommen, wie z.B.

Die erste Ansprechpartner:in bei Verdacht auf Hirsutismus ist die Hautärzt:in oder Gynäkolog:in. Dieser wird nach einer ausführlichen Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte) eine körperliche Untersuchung durchführen. Anschließend erfolgt eine labordiagnostische Untersuchung des Blutes, bei dem u.a. verschiedene Hormone wie Testosteron, DHEAS sowie Prolaktin bestimmt werden. Diese Werte liefern wichtige Hinweise auf die mögliche Ursache des Hirsutismus. Je nach vermuteter Ursache können weitere Untersuchungen wie Ultraschall (Sonographie) oder eine Computertomografie (CT) sinnvoll sein.

Die Schwere des Hirsutismus kann mit Hilfe des sogenannten Ferriman-Gallwey-Scores bestimmt werden. Dabei werden 9 Körperareale mit einem Score von 0 (keine Behaarung) bis 4 (maximale Behaarung) erfasst. Ab einem Punktewert von mehr als 7, ist die Patientin von Hirsutismus betroffen.

Körperareal Befund Scorewert
Oberlippe Wenig Haare außen 1
  Kleiner Bart außen 2
  Oberlippenbart fast bis zur Mittellinie 3
  Bart bis zur Mittellinie 4
Kinn Vereinzelte Haare 1
  Haaransammlung 2
  Komplette Haardecke 3
  Dichte komplette Haardecke 4
Brust Einzelne periareolär 1
  Haare in der Mittellinie 2
  ¾ bedeckt 3
  Komplett bedeckt 4
Rücken Einzelne Haare 1
  Mehrere Haare 2
  Komplette Haardecke 3
  Dichte komplette Haardecke 4
Lenden Sakrales Haarpolster 1
  Polster mit lateraler Ausdehnung 2
  3/4 bedeckt 3
  Komplette Haardecke 4
Oberbauch Wenig Haare in der Mittellinie 1
  Mehr als (1), aber noch im Bereich der Mittellinie 2
  Halbe Haardecke 3
  Komplette Haardecke 4
Unterbauch Einige Haare in der Mittellinie 1
  Strich von Haaren an der Mittellinie 2
  Band von Haaren 3
  Umgekehrtes V 4
Oberarm Diskrete Behaarung 1
  Mehr, noch keine geschlossene Haardecke 2
  Halbe Haardecke 3
  Komplette Haardecke 4
Oberschenkel Diskrete Behaarung 1
  Mehr, noch keine geschlossene Haardecke 2
  Halbe Haardecke 3
  Komplette Haardecke 4

 

Die Schwere des Hirsutismus kann mit Hilfe des sogenannten Ferriman-Gallwey-Scores bestimmt werden. Dabei werden Körperareale mit einem Score (von keine Behaarung bis maximale Behaarung) erfasst.

Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Johannes Ott, Facharzt für Frauen­heil­kunde und Geburts­hilfe, Spezialisierung Gynäkologische Endokrinologie

Wie Hirsutismus behandelt wird, hängt unter anderem von der Ursache, dem Ausmaß der Behaarung und natürlich davon ab, ob betroffene Frauen ihn als störend empfinden. Es gibt verschiedene Behandlungsmethoden, die manchmal auch miteinander kombiniert eingesetzt werden.

  • Liegt dem Hirsutismus eine Grunderkrankung zugrunde, steht die Behandlung dieser Erkrankung im Vordergrund. 
  • Handelt es sich um einen medikamentös bedingten Hirsutismus, muss das entsprechende Medikament abgesetzt oder durch ein anderes ersetzt werden. 
  • Bei idiopathischen Formen erfolgt die Behandlung meist auf kosmetischer Ebene. Hier kommen unter anderem Haarbleichmittel, Epilation oder Laserbehandlungen zum Einsatz. 
  • Bei mäßigen bis starken Beschwerden bei Frauen vor der Menopause kommt meist ein testosteronsenkendes, orales Verhütungsmittel zum Einsatz (Östrogen-Progesteron-Kombination). Wirkt diese Therapie nicht, kann über den Einsatz eines Antiandrogen nachgedacht werden. Da diese Medikamente zu schweren Fehlbildungen beim ungeborenen Kind führen können, ist ihr Einsatz nur in Kombination mit einem sicheren Verhütungsmittel empfohlen. Eine lokale Behandlung im Gesicht erfolgt in der Regel mit Eflornithin.

Autor:innen:

Redaktionelle Bearbeitung:

  • Nathalie Lackner (Online-Redakteurin für medizinische Themen, RegionalMedien Gesundheit)

Medizinisches Review:

Stand der medizinischen Information:


ICD-Code:

  • L68.0

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